Vincenzo, sein bester Freund und Arbeitskollege, macht aus seiner Verzweiflung ein Projekt. Das ist seine Chance – endlich könnte er einen abendfüllenden Dokumentarfilm machen. Und auch Ronnys jüngerer Bruder sieht sich plötzlich in einer neuen Rolle. Er hasst Psychologie, er hasst Rummel, er hasst die Veröffentlichung von Gefühlen – und ist trotzdem erstmals gezwungen, sich Gedanken zu machen über seinen Bruder – und damit auch über sich selber.
In der Schweiz werden jährlich um die 4000 Menschen (Tendenz steigend) bei der Polizei als vermisst gemeldet. Darunter sind Abenteurer, in den Bergen unauffindbar Abgestürzte oder Verschüttete, Flüchtige, Selbstmörder, Demente, die den Weg nach Hause nicht finden, Entführte, Mordopfer und auch Aussteiger, die nicht aufgefunden werden wollen.
4000 Menschen, das ist so, als würden jedes Jahr die Bewohner eines größeren Dorfes verschwinden. Einige von ihnen klären sich nach kurzer Zeit auf: Demente werden gefunden, Kinder haben sich verlaufen oder wollen den Eltern ein Zeichen setzen, Ehemänner kommen reumütig zurück, andere werden tot aufgefunden... aber die Zahl bleibt trotzdem relativ konstant - auf drei aufgeklärte Fälle folgen drei neue Vermisstmeldungen.
Die Angehörigen, die wartend zu Hause sitzen, durchleben eine furchtbare Zeit der Ungewissheit und Angst. Ab dem Moment, in dem sie realisieren, dass der /die Vermisste aus ihrem Leben verschwunden ist, bleibt für sie die Zeit stehen. Sie wissen nicht, ob die Vermissten noch am Leben sind,
ob sie auf ihre Rettung hoffen, ob sie irgendwo anders ein Glück gefunden haben, ob sie jemals wieder kommen. Wirklich schlimm ist für alle, dass sie nicht trauern können... vielleicht kommt er oder sie ja wieder?
Viele brechen aus Scham den Kontakt zu Freunden und Nachbarn ab, igeln sich ein, leben mit Selbstvorwürfen, verlieren den Kontakt zur Realität und versuchen durch das Einhalten von Ritualen die Zeit zum Stillstand zu bringen.
Während sich in der letzten Vertigo Produktion die drei Schwestern in der Welt des Konjunktivs aufhielten, bewegen sich die drei Ronny Vermissenden in einer Art Zeitschlaufe der Ungewissheit. Vermisst Verschwunden Abgehauen untersucht den Zustand der Wartenden mit rhythmischen Verschiebungen, rituellen Wiederholungen, mit einer Sprache, deren Gestus Beschwörungsformeln nahe kommt. Das Wenige, das sie wissen, das Wenige, das sie tun können, gestaltet sich in teilweise surrealen Variationen des immer gleichen Wartens. „Das bleibt so hocken in einem“. Sie erinnern sich, sie spekulieren, was Ronny passiert sein könnte, sie versuchen abzuschliessen und beginnen doch immer wieder von neuem. Carla, Ronnys Frau, Daniel, sein Bruder und Vincenzo sein Freund. Ronnys Verschwinden endet immer wieder beim Ausgangssatz „Ronny wollte sich nur eine neue Hose kaufen“.
Spiel: Cathrin Störmer, Philipp Nauer, Ingo Ospelt
Realisation: Andreas Storm, Thea Dumsch, Peter Jost,
Clarissa Herbst, Barbara Mens, Angelo Sansone, Nicola Vitali,
Carmen Rossi, Claude Treptow, Christian Schmid,
Maja De Luca-Wachter
Koproduktion THEATER VERTIGO / KLIBÜHNI
Weitere Aufführungen:
28.11. 2008
2., 3., 4. und 13., 14., Dezember 2008 und
7. Januar 2009, jeweils 20 Uhr 00
Theater Rigiblick Zürich (Endstadtion Seilbahn Rigiblick)
Germaniastrasse 99, 8044 Zürich
www.theater-rigiblick.ch
Reservationen Theater Rigiblick, Telefon 044 361 83 38, tickets@theater-rigiblick.ch
Vorverkauf: Mirgos City Billett-Service. Löwenstrasse 31-35, 8001 Zürich.
Telefon 044 221 16 71