Frauen mit dunklen Haaren blicken dem Betrachter aus kleinteiligen, goldverzierten Ornamentwolken verführerisch entgegen – stolz und unnahbar. So porträtierte Gustav Klimt unzählige Damen der Wiener Gesellschaft, allen voran Adele Bloch-Bauer, berühmt als „Die Frau in Gold“. Erotische Darstellungen von nackten Frauen, besonders in Verbindung mit den von der Universität beauftragten „Fakultätsbildern“, gerieten um 1900 zum Skandal. Im monumentalen „Beethovenfries“ zeigte Klimt in den Räumen der Wiener Secession, dem Tempel der österreichischen Jugendstilbewegung, die Menschheit auf der Suche nach dem Glück. Ein engumschlungenes Paar vor goldenem Hintergrund überwindet darin die lauernden Bedrohungen von Leid und Tod. Das berühmteste Gemälde Gustav Klimts greift dieses Motiv wieder auf: „Der Kuss“. Zwei in Gold gehüllte Liebende schweben über einer saftigen Blumenwiese in höheren Sphären oder dicht am Abgrund.
Den neuen Abend von Ballettdirektor Guido Markowitz bevölkern jede Menge allegorische Figuren aus Klimts Bilderwelten: Unter den Händen eines Faun entsteht im ersten Teil eine mystische Schöpfungsgeschichte des „Kuss“-Gemäldes. Dazu erklingt „Askewmire revisited op. 39“ von Nigel Treherne, uraufgeführt 2016 am Theater Pforzheim. Einen musikalischen Bezug zu Klimts Schaffenszeit stellt die Badische Philharmonie Pforzheim unter der Leitung ihres ersten Kapellmeisters Mino Marani mit der „Kammersymphonie“ (1916) von Franz Schreker her. Die in den Gemälden verborgen liegenden modernen (Liebes-)Beziehungen thematisiert der zweite Teil des Abends. Zu den „Pocket Symphonies“ (2013) von Sven Helbig entstehen hochemotionale Szenen voller Freude, Leidenschaft und Schmerz. Zusätzliche Glanzpunkte setzt „Xenorama“, das Kollektiv für audio-visual-art aus Berlin, mit stimmungsvollen Videoprojektionen.
„Der Kuss“ entwirft keine Biografie des Malers Gustav Klimt, sondern belebt dessen Motive zu einem opulenten und berührenden Erlebnis. „Klimts Bilder haben auf mich eine große Ausstrahlung, und ich würde sie als ‚sinnliche Farbsinfonien in Gold‘ bezeichnen. Aber was sie vor allem auch für den Tanz so interessant macht: Sie erzählen faszinierende und mitunter rätselhafte Geschichten, die man aus unterschiedlichsten Perspektiven reflektieren und weiterdenken kann“, so Ballettdirektor Guido Markowitz über den Maler Klimt und seine Choreographie. Nach dem Schauspiel „Das goldene Vlies“, den „Goldberg-Variationen“ und anderen Stücken ist „Der Kuss“ nun die nächste Produktion des Theaters anlässlich des bevorstehenden „Jubiläumsfestivals Goldstadt 250“ in Pforzheim.
Mit Johannes Blattner, Alba Valenciano López, Sara Escribano Maenza, Stefaan Morrow, Edoardo Novelli, Eleonora Pennacchini, Ana Rita dos Santos Brito da Torre, Adrien Ursulet, Daan Visser und Evi van Wieren
Badische Philharmonie Pforzheim
Choreografie: Guido Markowitz
Choreografische Assistenz: Edoardo Novelli
Musikalische Leitung: Mino Marani
Ausstattung: Georg Meyer-Wiel
Video: Xenorama
Premiere am Samstag, 28. Januar 2017 um 19.30 Uhr im Großen Haus,Uraufführung mit Einführung um 19.10 Uhr im Foyer
Weitere Vorstellungen am Do, 2., Di, 7., Do., 16. und So, 26. Februar 2017 sowie an weiteren Terminen im Laufe der Spielzeit, jeweils mit Einführung 20 Min. vor Beginn