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Uraufführung – Auftragswerk des Landestheaters Linz: "Kaspar H." - Oper von Balduin Sulzer

Premiere Samstag, 29. Jänner 2011, 19.30 Uhr, Kammerspiele

 

Menschen treffen aufeinander. Jemand erscheint, der anders ist als die anderen. Eine Verunsicherung. Welches Spiel soll man mit ihm spielen?

Der schwerkranke Leon hält seinen Sohn gefangen. Er begründet seine Demütigungen damit, von ihm enttäuscht zu sein. Rückblick?

Von den Menschen trennen sich die „Crooks“, eine Straßengang. Das sind Armstrong, Puschkin, Little-Li, Mercury und Clara. Sie finden im Keller eines Hauses einen jungen Mann. Sie misshandeln ihn zuerst, doch dann nehmen sie ihn mit und stellen ihn mitten auf die Straße. Einer drückt dem jungen Mann eine Pistole in die Hand. Ein Schuss geht los.

 

Der Mann aus dem Keller wird verhaftet; eine Kommissarin verhört ihn. Sie wird dabei beobachtet bzw. kontrolliert von dem Psychologen Daumer. Die Kommissarin steht vor einem Rätsel: kein Ausweis, kein Name, keine Sprache – also keine Identität. Wenn er etwas sagt, so sind es nur Namen von Primzahlen. Er ist ein Nichts. Das duldet die Kommissarin nicht in ihrer Stadt.

Die Kommissarin versucht, den Namenlosen durch das „Milgram-Experiment“ weich zu kochen: Ein Proband soll Fragen beantworten. Ist die Antwort falsch, soll der Namenlose einen Knopf drücken und damit den Probanden einem Elektroschock aussetzen. Doch Kaspars Reaktionen lassen sich nicht einordnen, er bleibt ohne Geschichte. Die Kommissarin geht dessen ungeachtet davon aus, dass der Namenlose eine Gefahr darstellt.

 

Nach einer ärztlichen Untersuchung, die nicht mehr als eine Muskelschwäche zutage fördert, nimmt Daumer das „Kellerkind“ zu sich. Der junge Mann soll zunächst ein Bad nehmen, er singt unzusammenhängende Silben in der Wanne. Die Menschen beobachten den Namenlosen, sie geben ihm einen Namen: Kaspar. Daumers Befragung Kaspars führt zu keinem klaren Ergebnis. Er geht davon aus, dass der junge Mann Autist ist. Der Psychologe möchte den „Schmerz“ Kaspars finden. Szenen einer unglücklichen Kindheit – Rückblick oder Kaspars Fantasie, die durch die Umwelt angeregt wird?

 

Auf dem Kommissariat erscheinen drei Männer, die im Auftrag eines reichen und mächtigen Industriellen die Adoption Kaspars ankündigen. Daumers Widerstand erscheint zwecklos – die Polizei ist bestochen worden.

Clara hat begonnen sich von den Crooks zu lösen, sie interessiert sich für Kaspar. Sie gewinnt sein Vertrauen, sie lehrt ihn sprechen, sie lehrt ihn Liebe und Gewalt.

 

Als der Industrielle Leon auftaucht, wendet sich das Blatt. Er ist es, der Kaspar adoptieren will, er braucht einen – seinen? – Sohn, den er nach seinem Bild formen kann. Kaspar, „leer in seinem Kopf“, erscheint ihm ideal.

Doch die Crooks wollen, dass Kaspar einer von ihnen wird. Clara erhebt Anklage gegen Leon und seine Generation – also die Generation ihres Vaters Daumer. Im Streit um Kaspar erscheint die Kommissarin; es zeigt sich, dass Mercury ihr „missratener Sohn“ ist. Eine Waffe taucht auf und macht die Runde. Schließlich drückt wiederum jemand die Pistole in die Hand Kaspars. Als diesmal jemand erschossen wird, sind sich die Menschen im Raum einig: Kaspar ist ein Mörder! Der junge Mann verschwindet so wie er erschienen ist, ungreifbar: „Ich, Kaspar!“

 

Balduin Sulzer, Komponist und Lehrer am Linzer Musikgymnasium, hat für das Landestheater Linz eine neue Oper komponiert: Kaspar H. Bereits sein erstes Werk für Musiktheater, In seinem Garten liebt Don Perlimplin Belisa, kam 1984 am Landestheater heraus. Kaspar H. ist eine aufwändige Komposition für zahlreiche solistische Stimmen und ein Kammerorchester. Im Zentrum steht ein Mensch, der selbst nicht weiß, wer er ist. Was wir über ihn erfahren, erfahren wir durch die Augen der Menschen, die ihm begegnen. Das Libretto hat die Linzer Journalistin und Autorin Elisabeth Vera Rathenböck geschrieben, die gemeinsam mit Sulzer schon das Kindermusical Das Geheimnis der Geige geschrieben hat. Der Chefdirigent des Bruckner Orchesters Dennis Russell Davies leitet abwechselnd mit Sigurd Hennemann, der auch einen großen Teil der Einstudierung vorgenommen hat, die Aufführungen.

 

Die Uraufführungsregie liegt in den Händen von André Turnheim, der am Landestheater Produktionen wie Elementarteilchen (Österreichische Erstaufführung; nominiert für den Nestroy 2009) und Torquato Tasso und in der vorigen Saison Venus im Pelz inszeniert hat.

 

Musikalische Leitung DENNIS RUSSELL DAVIES/SIGURD HENNEMANN

Inszenierung ANDRÉ TURNHEIM

Bühne FLORIAN PARBS

Kostüme BARBARA AIGNER

Dramaturgie FELIX LOSERT

 

Besetzung

Kaspar MATTHÄUS SCHMIDLECHNER

Leon HANS-GÜNTHER MÜLLER

Kommissarin CHERYL LICHTER

Daumer, Psychologe DOMINIK NEKEL

 

Die “Crooks”

Clara, Tochter Daumers ELISABETH BREUER

Armstrong MARIUS MOCAN

Puschkin MARKUS SCHULZ

Little-Li HYANG JUNG KIM

Mercury, Sohn der Kommissarin CSABA GRUENFELDER

 

Teilnehmer des Experiments LEOPOLD KÖPPL

Ärztin JADVIGA SCHEINPFLUGOVÁ

Assistentin KATERYNA LYASHENKO

Sekretäre JOCHEN BOHNEN, SIEGFRIED DIETRICH,

JOHANN GRUBER

 

 

Chor des Landestheaters Linz

Statisterie des Landestheaters

 

Bruckner Orchester Linz

 

 

 

 

 

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