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Uraufführung: INSPEKTOR HEYLER oder die Suche nach der Haltbarkeit der Dinge, Haus der Statistik Berlin

22. April 2021, 20:30

„Inspektor Heyler“ ist eine kriminalistische Solo-Tanzperformance, die sich mit der mörderischen Materialisierung des Erbes auseinandersetzt. Jeder Todesfall birgt einen Nachlass, der verwaltet werden muss und in dem manchmal ‚explosives‘ Material steckt. Die Tänzerin und Choreografin Ini Dill nähert sich mit Tanz- und Objekttheater in dieser Performance den Artefakten ihres familiären Erbes. Sie stellt die Frage, inwieweit Dinge - Stühle, Gemälde, Schmuck, wertvolle Antiquitäten, aber auch die einfache Küchenwaage - den Weg zur persönlichen Hinterlassenschaft von Erinnerungen und Geschichten versperren können.

Copyright: AugustinPR | Yven Augustin

*Die Aufführung findet im Freien unter Einhaltung des Schutz- und Hygienekonzeptes des Veranstaltungsortes statt. Es werden maximal 25 Personen zugelassen, um Reservierung wird gebeten. Coronatest vor Ort sind in Planung.

Weitere Vorstellungen

23.-25. April 2021/ 20:30, 28., 29. April 2021, 20:15 mit Vorband „We do what we like“ / Carla Moreira, Daniel Drabek, Wüstenlounge im Haus der Statistik (weitere Vorstellungen am 13. und 14. November 2021 im Ackerstadtpalast)

Die Tanzperformance zeigt, wie durch die verschiedenen Besitzansprüche die Zwietracht unter den Verwandten kumuliert und ihr Blick auf die Familiengeschichte und glücklichen Kindheitserinnerungen mehr und mehr getrübt wird. Sie geht den sich immer wiederholenden Handlungskreisläufen nach, in die sich die Familienmitglieder verstricken.

Für Hannah Arendt haben die Dinge „die Aufgabe menschliches Leben zu stabilisieren“. Wird das Ensemble von Dingen nach dem Ableben eines Menschen auseinander gerissen, gerät auch die Funktion des Ruhepols ins Schwanken. Der ‚Erbschaftsstreit‘ ist demnach nichts anderes als die Unfähigkeit, sich den einzelnen Dingen zu zuwenden, sie in ein neues stabilisierendes Ensemble einzubetten und sich dadurch ein neues Zuhause zu schaffen.

In „Inspektor Heyler“ wird die Handlung anhand einer fragmentarischen Kriminalgeschichte erzählt, in deren Mittelpunkt Kommissar Heyler steht. Er selbst stellt als entfernter Verwandter einen Teil der Erbengemeinschaft dar. Die Geschichte um die nun aufzuteilenden Besitztümer wird aus seinem Blickwinkel erzählt. Seine Fantasien aber auch der Austausch mit den Verwandten über die einzelnen Dinge führen ihn im Laufe des Stücks zu der enttäuschenden Erkenntnis, dass auch vermeintlich universale Gerechtigkeit die individuell empfundene Ungerechtigkeit der einzelnen Familienmitglieder nicht befrieden kann. Wie einigen sich die Erben und wird es bei der einen Leiche bleiben?

Die einzige Person, die voll und mit Gesicht zu sehen ist, ist Inspektor Heyler. Er ist auch jenes Familienmitglied, das den Leichnam findet. Ansonsten bedient sich die experimentelle Solo-Performance an Techniken des Puppenspiels/Puppentheaters und ist bestimmt von einem ständigen Rollenwechsel: Die Auftritte der verschiedenen Rollen sind verbunden mit permanenten Kostümwechseln, Video-Fragmenten und Zwiegesprächen mit dem Verstorbenen über Tonband. Unter der Bühne, aus geerbten Möbelstücken zusammengestellt, befindet sich eine Art Fernseher, der die Kriminalgeschichte von außen kommentiert. Inspektor Heyler führt als überdimensionales Gesicht, das auf den gesamten Rücken der Performerin gemalt ist, durch den absurden Tanz ums Erbe der ansonsten gesichtslos bleibenden Protagonisten.

Ini Dills Arbeit gründet sich auf konkrete, meist gesellschaftspolitische Themen. Mit verschiedenen Improvisationstechniken, Kontaktimprovisation, Requisitenanalyse, Body-in-space, Voicemoving und Textimprovisation erarbeitet sie themenspezifische Szenen. Daraus entwickelt sie eine Dramaturgie der Bilder, die über Assoziationen eine Geschichte entstehen lassen. In „Inspektor Heyler“ wird sie ihre objektbezogene Arbeit noch mehr mit dem Genre Puppenspiel mischen. Ini Dill absolvierte ihre Ausbildung an der Ballettschule der Wiener Staatsoper. Seit 1992 war sie an mehreren Stadttheatern, Opernhäusern und freien Projekten in Österreich, Italien, Holland und Deutschland als Tänzerin und Choreografin tätig. Sie arbeitete unter anderem mit Martin Kušej, Hans Falar, Roberto Galvan, Rui Horta, Frederik Flamand, Marco Santi, Lea Hausman und Jai Gonzales.

Ihre Arbeiten zeigte sie bei Tanz im August, beim 100 Grad Festival in den Sophiensaelen, im Dock11 Berlin, im Ballhaus Ost Berlin, im Ackerstadt Palast Berlin, im I-Camp München, im WUK in Wien, im Ringtheater Berlin und bei verschiedenen Festivals im öffentlichen Raum wie dem PAF Berlin, 48 Stunden Neukölln und dem Greizer Theaterherbst.

Sie ist Gründungsmitglied des seit 2009 in Berlin ansässigen Kollektivs „die elektroschuhe“. „Nitzsche & Hummel“ ist ein Produzenten- und Komponistenpaar: Sabine Bremer und Arne Nitzsche arbeiten seit 2005 zusammen. Ihre bevorzugten Instrumente und Klangmittel sind Violine, Bass und Stimme, sowie durch Controller ansteuerbare Samples. Das spezielle Setup aus analogen und digitalen Effektgeräten ermöglicht es, Audiosequenzen aufzuzeichnen, in Endlosschleifen abzuspielen und erneut klanglich zu modulieren. Fasziniert von der Symbiose aus Vergangenheit und Gegenwart schlagen sie Brücken zu neuen Ufern zwischen electronic/acid/urban jazz und contemporary classic music.

Ort
Haus der Statistik / Haus A
Karl-Marx-Allee 1 | 10178 Berlin
U+S-Bahn Alexanderplatz

Online
» die-elektroschuhe.de
» hausderstatistik.org
» ackerstadtpalast.de

Choreografie/ Tanz/Performance: Ini Dill Musik: Sabine Bremer Video: Sabine Bremer, Tresor Ilunga Mukuna Puppenspielcoach: Nathalie Wendt Mitarbeit Choreografie, Tanz: Katja Scholz, Daniel Drabek Text: Ini Dill, Mai Di Huyen vo Dieu PR: Julia Thimm, AugustinPR Dokumentation: Arne Nitzsche

In Kooperation mit den Bühnen der Statistik und dem Ackerstadtpalast Gefördert vom Fonds Darstellende Künste aus Mitteln der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.

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