Geschrieben hat es ein 15-Jähriger für sein Schultheater: Daniel Casper von Lohenstein (*1635) – laut Hubert Fichte „der deutsche Shakespeare“ – Sohn eines kaiserlichen Zoll- und Biergefälle-Einnehmers, Staranwalt und sicherlich der bedeutendste deutsche Barockdramatiker neben Andreas Gryphius. In seinem Bühnenerstling verbinden sich stilistische Wendigkeit des Rhetorikschülers und barocke Schauerdramaturgie mit Orientsehnsucht und „Türkenangst“ zu einer von heute aus gesehen kruden Mischung. In Lohensteins letztem Stück, dem 22 Jahre später verfassten „Ibrahim Sultan“, scheint sie noch gesteigert: Unwahrscheinlichste Orientalismen kommen im Gewand pragmatischer Rhetorikunterweisung daher, Zerstückelungsfantasien verkleiden sich als Gerichtsplädoyer, sexuelle Machtspiele werden als juristische Debatte ausgetragen.
Wie exotisch uns diese Dramatik selbst entgegentritt, wie fremd „der Mensch“ – vor seiner Erfindung durch den Humanismus der Aufklärung – in ihr agiert, und wie anders vor allem ihre Sprache klingt, die auch durch das „junge Medium“ Buchdruck geprägt ist, ist so erstaunlich wie faszinierend. Während Shakespeare und einige seiner Zeitgenossen über den Umweg des Sturm und Drang in den Kanon des deutschen Theaters gelangt sind, finden die sprachgewaltigen Werke Lohensteins nur äußerst selten auf unsere Bühnen. Noch immer scheint der Weg vom Heute zum Barock und wieder zurück ein – mit Walter Benjamins Aufsatz über das „epische Theater“ gesprochen – „Schleichpfad“, der quer durch das „erhabene, aber unfruchtbare Massiv der Klassik“ führt. Mit Regisseur Johannes Schmit, in Mainz durch bildstarke Ur- und Erstaufführungen postdramatischer Texte bekannt, wagen wir den „Tigersprung ins Vergangene“.
Inszenierung: Johannes Schmit
Bühne und Kostüme, Co-Regie: Markus Wagner
wissenschaftlicher Mitarbeiter: Sebastian Kirsch
Dramaturgie: Lisa Dressler / Katharina Gerschler
Mit: Nicole Kersten, Karoline Reinke; Tilman Rose, Mathias Spaan
20. Januar 2014
23. Januar 2014
30. Januar 2014
03. Februar 2014
06. Februar 2014