Drei Projektwochen im Herbst 2007, September - Oktober - November.
Vor dreißig Jahren stand Stuttgart im Zentrum der deutschen und internationalen Öffentlichkeit. Die RAF-Prozesse in Stammheim, die Entführungen und Ermordungen von Generalbundesanwalt Siegfried Buback und seiner Begleiter, von Jürgen Ponto, Hanns Martin Schleyer und der vier ihn begleitenden Polizisten markierten ebenso wie der Selbstmord von Baader, Ensslin und Raspe den Höhepunkt einer Gewaltspirale, die die Bundesrepublik erschütterte. Die Morde, verübt durch die sogenannte zweite Generation der RAF, verwiesen immer wieder auf Stammheim als Keimzelle der Gewalt. In Schnellverfahren wurden Gesetze erlassen, um den Kontakt der RAF-Häftlinge untereinander und mit der Außenwelt zu unterbinden. Die Terroristen selbst sprachen von Isolationsfolter. Das Land war gespalten. War man bereits ein Sympathisant, wenn man die Rechtmäßigkeit der staatlichen Maßnahmen anzweifelte? War die RAF das Resultat der ungenügenden Aufarbeitung der NS-Diktatur? Markiert der Herbst 1977 vielleicht erst das Ende der Nachkriegszeit, die doch spätestens von der 68er Bewegung weggespült zu sein schien? Wie sehr war die RAF Teil einer internationalen Terror-Bewegung und wie weit reichen die Verbindungen des Terrors der 70er Jahre bis in die Gegenwart? Ist politisch motivierter Widerstand von Minderheiten nur durch Gewaltanwendung medien- und damit politisch wirksam?
Das Schauspiel Stuttgart geht gemeinsam mit Partnern aus der Stadt und der Region, mit Künstlern aus der gesamten Bundesrepublik diesen Fragen nach. In jeweils einer Projektwoche im September, Oktober und November werden mit ganz unterschiedlichen Ästhetiken die für uns heute wesentlichen Aspekte des 'RAF-Komplexes' künstlerisch befragt. Die Aufführungen werden begleitet von Gesprächsforen, Filmdokumentationen sowie von Ausstellungsprojekten. Das Schauspielhaus wird zur multiplen Bühne, die Teams richten in einer einheitlichen Raumstruktur ihre Inszenierungen ein.
Projektwoche I vom 21. bis 30. September 2007
Ausstellung Herbstbilder von Micha Bojanowski
vom 21. September bis 18. November
Mogadischu Fensterplatz Uraufführung
Nach dem Roman von Friedrich Christian Delius
Regie: Regina Wenig
Liebe ist stärker als das Kapital Uraufführung
von René Pollesch
Regie: René Pollesch
Peymannbeschimpfung Uraufführung
Regie: Helgard Haug, Daniel Wetzel ('rimini protokoll')
In der sogenannten 'Zahnspenden-Affäre' wurden im Herbst 1977 ca. 600 Briefe an den Schauspiel-Intendanten Claus Peymann geschrieben. Diese Zeitdokumente werden in der Inszenierung durch 'rimini protokoll' mit Stuttgarter Bürgern von heute erlebbar.
Der Auftrag
von Heiner Müller
Dimiter Gotscheff präsentiert Auszüge aus Heiner Müllers bekanntem Revolutionsdrama.
Gastspiel des Thalia Theater Hamburg
Ulrike Maria Stuart
von Elfriede Jelinek
Regie: Nicolas Stemann
Das Wunderwerk oder The RE-Mohammed-TY Show
Ein Text über Kunst, Glaube und Terror
von Christian Lollike
Regie: André Rößler
Der Umschluss
Eine Lesestunde der RAF
Regie: Christian Hockenbrink
Mein Freund Klaus
Buchpremiere des Romans von Peter O. Chotjewitz
Chotjewitz schildert in seinem neuen Buch den Weg des Rechtsanwalts Klaus Croissant.
In Kooperation mit dem Literaturhaus Stuttgart
Musik-Video-Installation
von FM Einheit und Josephine Meckseper
In Kooperation mit dem Kunstmuseum Stuttgart
Erotic Queens
Regie: Dora Lanz
EROTIC QUEENS untersucht den männlichen und weiblichen Blick auf Gewalt und Terror.
Bühne frei
Diskussionsforum mit Wieland Backes
In Kooperation mit dem Literaturhaus Stuttgart
Moby Dick
Eine neue Folge von DEPOT ON AIR
Regie: Eike Hannemann
Moby Dick - ein schwerer Fang, ein eintausendseitiger Abenteuerschmöker - und Quelle der Kassibersprache der RAF.
Jugend debattiert
Schülerwettbewerb zum Mitreden und Mitgestalten
Ein Projekt der Robert Bosch Stiftung und der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg
zeitkonzert - deutscher herbst
Ein szenisches Konzert der Staatsoper Stuttgart in Kooperation mit dem Württembergischen Kunstverein Stuttgart
Komposition: Joseph Haydn, Matthias Hermann
Projektwoche II vom 06. bis 14. Oktober 2007
Die dritte Generation Uraufführung
von Rainer Werner Fassbinder
Regie: Hasko Weber
Vorsicht, Schusswaffen! Uraufführung
Ein Abend von Hans-Werner Kroesinger, basierend auf Tonbandprotokollen der Stammheimer Prozesse.
In Kooperation mit dem Landesarchiv Baden-Württemberg, Staatsarchiv Ludwigsburg
1977
Regie: Stephan Kimmig
Stephan Kimmig verknüpft Heiner Müllers HAMLETMASCHINE aus dem Jahr 1977 unter anderem mit der Biografie einer Schauspielerin, die im Herbst 1977 im Bauch ihrer Mutter war.
Harald Schmidt - Liederabend
Harald Schmidt präsentiert gemeinsam mit dem Ensemble in einem Liederabend seine ganz persönliche Sicht auf Stuttgart im Herbst 1977.
Ein Zimmer im Haus des Krieges
Szenische Lesung aus dem Roman von Christoph Peters
Einrichtung: Irmgard Lange
Peters’ Roman setzt sich mit einer der aktuellsten Fragen, die unsere Zeit aufwirft, auseinander: Was kann einen Menschen zu tödlicher Radikalisierung bewegen?
Eine Bombe für die RAF
von Ulrike Thimme
Das Leben und Sterben des Johannes Thimme, von seiner Mutter erzählt.
Lesung mit Elke Twiesselmann
Elektra
Lesung mit Corinna Harfouch
Wieland Backes im Gespräch mit Manfred Rommel
Filmnacht
Neue Filme von Studenten und Absolventen der Filmakademie Ludwigsburg
Experiment Philosophie:
Schrecken - Heute billiger?
Performance von und mit der Hamburger Gruppe DREI
Jugend debattiert
Schülerwettbewerb zum Mitreden und Mitgestalten
Ein Projekt der Robert Bosch Stiftung und der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg
Projektwoche III vom 14. bis 18. November 2007
Manifeste des Widerstands
Regie: Volker Lösch
Ein Projekt mit Texten, die zum Widerstand auffordern (von 1968 bis in die Gegenwart).
Separatisten
von Thomas Freyer
Regie: Claudia Bauer
Thomas Freyer, Schiller-Förderpreisträger 2007, schildert in seinem neuen Stück den Aufstand in einer Plattenbausiedlung.
Die Wurzeln der RAF
Lesung von und mit dem Dokumentarfilmer Andres Veiel (BLACK BOX BRD und DER KICK) aus seinem soeben fertig gestellten Drehbuch Vesper, Ensslin, Baader.
Wer besetzt das Haus?
Konzept: Ursula Renneke
Ein Ensemble-Projekt über basisdemokratisches Selbstbewusstsein und die Radikalisierung Einzelner.
... ja Zuckererbsen für jedermann ...
Ein Heinrich Heine-Abend
Einrichtung: Elmar Roloff
Amoklauf
Inszenierung des Jugendclubs des Schauspiel Stuttgart
Leitung: Julia Seedler
Jugend debattiert
Schülerwettbewerb zum Mitreden und Mitgestalten
Ein Projekt der Robert Bosch Stiftung und der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung in Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg