Einar Schleef nannte „Salome“„ eine Sauerei, selbst in der harmonischsten Übertragung“ und schuf mit seiner eigenen Bearbeitung ein Drama, das die Abgründe menschlichen Verhaltens noch zugespitzter beschreibt. Der erste Satz seines dem Stück vorangestellten Vorwortes lautet: „Das männliche Christentum braucht das weibliche Opfer, es ist dessen Fundament. Unterm Kreuz Christi windet sich die Schlange. Salome ist der letzte weibliche Widerstand. Er wird gebrochen.“
In dem Text geht es vor allem um zwei Prinzipien, die sich unversöhnlich gegenüber stehen – das Prinzip von Askese und religiöser Ekstase, das Johannes verkörpert und das Prinzip radikaler Liebesverwirklichung, für welches Prinzessin Salome steht. Beide scheuen den Tod nicht: In Jerusalem sitzt Johannes der Täufer als Gefangener des Königs Herodes Antipas in einer alten Zisterne, weil er in seinen Predigten dessen Heirat mit Herodias, der Frau seines Bruders, als Blutschande anprangert. Herodias fordert daraufhin seinen Tod. Antipas aber fürchtet Johannes, den er für einen Propheten Gottes hält und versucht dies zu verhindern. Salome hört bei einem Fest fasziniert die Stimme des Gefangenen, der die Ankunft des Messias verkündet. Sie wünscht ihn zu sehen und verfällt ihm mit dem ersten Blick. Leidenschaftlich begehrt sie den Propheten, seinen Leib, sein Haar, seine Lippen, aber dieser weist sie brüsk zurück und fordert sie auf, ihr Leben zu ändern. Herodes lässt Johannes töten, als Salome als Lohn für ihren Tanz den Kopf des Propheten auf einer Silberschüssel fordert. Als er ihr gebracht wird, küsst sie ihn und hält mit ihm Zwiesprache. Eine merkwürdige Ambivalenz bestimmt diese Szene: „Das Geheimnis der Liebe ist größer als das Geheimnis des Todes."
Salome bestreitet, dass Gottsehen und erkennen, eine Frau sehen und erkennen nicht zusammen gehe. Salome wollte von Jochanaan gesehen werden – in ihrer Liebe, in ihren sexuellen Ansprüchen, auch in ihrer Entschiedenheit. Doch er hat sie nicht angesehen in seiner Fixierung auf das Transzendente, das kommende Reich Gottes, die Religion. Religion meint hier auch Politik. Jede Form von Theorie und Ideologie. Alles, was nicht Liebe ist. In dieser Religion verschanzen sich die Männer und der Untergang ist eine Frage der Zeit.
Regie: Sebastian Baumgarten
Bühne: Thilo Reuther
Kostüme: Marysol del Castillo
Video: Philip Bußmann
Musik: Jörg Follert
Licht: Jörg Schuchardt
Dramaturgie: Carmen Wolfram
Besetzung:
Christian Czeremnych, Julischka Eichel, Paul Grill, Horst Kotterba, Astrid Meyerfeldt, Felix Mühlen, Sebastian Röhrle, Thomas Wodianka
So., 13.05.2018
19:30 Uhr
Do., 17.05.2018
19:30 Uhr
18:45 Uhr Einführung
Fr., 01.06.2018
19:30 Uhr
Sa., 23.06.2018
19:30 Uhr
Zum letzten Mal
Mi., 27.06.2018
19:30 Uhr
Schauspielhaus
18:45 Uhr Einführung
Bild: Oscar Wilde