Kundry, die einst Jesus am Kreuz, verlacht hatte und seither ruhelos durch die Zeiten wandert, verführte im Auftrag Klingsor den heranrückenden Amfortas. Dabei entriss ihm Klingsors den heiligen Speer, mit dem Jesus am Kreuz durchbohrt worden war und der gemeinsam mit dem Kelch, aus dem dieser beim letzten Abendmahl getrunken hatte, da Gralsheiligtum bildet. Mit diesem Speer fügte Klingsor Amfortas eine qualvolle Wunde zu, die nur durch eben diesen Speer auch wieder geheilt werden kann. Doch dazu müsste dieser erst in den Besitz der Gralsritter zurückgelangen. Das aber kann Parsifal nur „durch Mitleid wissend“ ein „reiner Tor“ vollbringen.Parsifal erscheint im Gralsgebiet. Dorthin vermag nur einzudringen, wer zum Dienst am Gral berufen ist.
Daher führt Gurnemanz, der Waffengefährte des ersten Gralskönigs Titurel, den jungen seiner Mutter entlaufenen Mann in die Gralsburg. Er vermutet in ihm den verheißenen „reinen Toren“. Parsifal erlebt, wie sich der leidende Amfortas gegen die Enthüllung des Grals zu wehren versucht, denn dadurch gewinnen nicht nur die Gralsritter, sondern auch er selbst neue Lebenskraft. Er jedoch will sterben. Doch Amfortas muss sich fügen und den Gral enthüllen. Parsifal bleibt stumm, weshalb ihn Gurnemanz erzürnt wegjagt. Parsifal gelangt in Klingsors Reich. Den Verführungskünsten der Blumenmädchen widersteht er. Erst Kundry, von Klingsor dazu gezwungen, vermag ihn zu fesseln. Doch als sie ihn küßt, begreift er jäh, was mit Amfortas geschah und weist sie zurück. Er ist durch Mitleid wissend geworden. Als Klingsors den heiligen Speer nach ihm wirft, ergreift er diesen, lässt Klingsors Reich untergehen und verheißt Kundry Erlösung.
Nach mühevoller langer Wanderschaft erreicht Parsifal an einem Karfreitag das Gralsgebiet und trifft dort auf Gurnemanz. Auch Kundry ist zugegen, die von Parsifal die Taufe empfängt. In der Gralsburg heilt Parsifal Amfortas´ Wunde und wird neuer Gralskönig.
Die Inszenierung und das Bühnenbild der Neuproduktion stammen von Alvis Hermanis: Der in Riga geborene Regisseur, der unter anderem am Burgtheater, bei den Salzburger Festspielen, an der Mailänder Scala, der Münchner Staatsoper, bei den Wiener Festwochen, in Berlin, Zürich und in vielen weiteren europäischen Städten wirkte, debütiert mit dieser Arbeit an der Wiener Staatsoper.
Alvis Hermanis’ Inszenierungskonzept verlagert die Parsifal-Handlung in die Zeit vor den Ersten Weltkrieg und nach Wien. Denn diese Stadt, so Hermanis, war um 1900, was Kunst und Wissenschaft betrifft, ein „Laboratorium für die ganze restliche Welt“. Musik, Literatur, bildende Kunst, Architektur, Technik, Medizin, Forschung, nicht zuletzt die Psychoanalyse wurden an diesem Brennpunkt weitergebracht, Wien war das, was „Silicon Valley für das 21. Jahrhundert ist“, so Alvis Hermanis im Gespräch mit Oliver Láng für das Programmheft.
Als Kunstgriff verbindet Hermanis den Kosmos des Wagnerschen Parsifal mit der Wiener Architekturwelt Otto Wagners, indem er in seinem Bühnenbild ganz konkrete Zitate aus dessen Bauten bringt. Zentral ist dabei der Krankenhaus-Komplex in Steinhof bzw. die Otto Wagner-Kirche. Die Suche nach dem Gral ist bei Hermanis auch eine Suche nach geistiger Entwicklung, und so sind Gurnemanz und Klingsor zwei Ärzte, die um die Vorherrschaft über den Geist ihrer Patienten ringen. Die Patienten wiederum – zu ihnen gehört Amfortas – befinden sich nicht nur in der Realität um 1900, sondern erspielen sich die historische Handlung der Oper als Therapie. Und so verbinden sich diese beiden Zeitschienen miteinander und die Konturen zwischen Spiel und Wirklichkeit, zwischen Schein und Sein verschwimmen. Wie in seiner Trovatore-Inszenierung in Salzburg, bei der scheinbar Unbeteiligte in eine Gemäldelandschaft eines Museums eintauchten, spielt Hermanis auch diesmal mit der Überlagerung unterschiedlicher Ebenen. Dabei soll sein Konzept nicht dogmatisch verstanden werden, sondern als eine mögliche Interpretation des Werks, eine mögliche, persönliche Erzählung der Geschichte.
Für die Kostüme zeichnet die lettische Kostüm- und Bühnenbildnerin Kristīne Jurjāne verantwortlich, für das Licht Gleb Filshtinsky und für die Videoprojektionen Ineta Sipunova – ebenso wie Regisseur Alvis Hermanis sind sie erstmals für die Wiener Staatsoper tätig.
Dirigent Semyon Bychkov
Regie und Bühne Alvis Hermanis
Kostüme Kristine Jurjane
Licht Gleb Filshtinsky
Video Ineta Sipunova
Amfortas Gerald Finley
Gurnemanz René Pape
Parsifal Christopher Ventris
Klingsor Jochen Schmeckenbecher
Kundry Nina Stemme
Titurel Jongmin Park
1. Gralsritter Benedikt Kobel
2. Gralsritter Ayk Martirossian
1. Knappe Ulrike Helzel
2. Knappe Zoryana Kushpler
3. Knappe Thomas Ebenstein
4. Knappe Bror Magnus Tødenes
1. Blumenmädchen/1. Gruppe Ileana Tonca
2. Blumenmädchen/1. Gruppe Olga Bezsmertna
3. Blumenmädchen/1. Gruppe Margaret Plummer
1. Blumenmädchen/2. Gruppe Hila Fahima
2. Blumenmädchen/2. Gruppe Caroline Wenborne
3. Blumenmädchen/2. Gruppe Ilseyar Khayrullova
Stimme von oben Monika Bohinec
Reprisen: 2., 6., 9., 16. April 2017
Radio Ö1 strahlt Parsifal am Samstag, 15. April 2017 aus, aufgezeichnet am 30. März und 2. April in der Wiener Staatsoper.