Der Herzog von Richelieu, der Arrangeur der Hochzeitsfeierlichkeiten von Ludwigs Sohn mit einer spanischen Prinzessin, wagte es noch zweimal an diesem Tag, den König nach einer zweiten Vorstellung der Oper zu fragen. Die Reaktion blieb jedoch gleich: Schweigen – ein vernichtendes Urteil!
Jean Philippe Rameau hatte eigentlich nur helfen wollen. Er hatte seine Platée für das Pariser Publikum gedacht, aber als 1745 in Versailles ein Auftragswerk nicht fertig geworden war und man ihn, den berühmtesten Komponisten Frankreichs, um Hilfe bat, hatte er gern mit diesem bereits fertigen „ballet-bouffon“ ausgeholfen. Es war auch nicht die Musik, die den Unwillen des Königs und übrigens auch vieler Höflinge hervorrief, sondern die Handlung:
Eine lustige Oper über eine lächerliche, hässliche Nymphe, der Jupiter in einem grausamen Jux vorgaukelt, sie heiraten zu wollen, so eine Oper hielt man für eine Hochzeitsfeier für unangemessen. Jupiter suggeriert in Platée der vereinsamten, liebesdurstigen Platée, sie zu lieben, um seiner Gemahlin eine Lektion zu erteilen. Juno erscheint, wie von Jupiter und seinem Helfer Merkur erhofft, auf der Hochzeitsfeier von Jupiter und Platée und reißt der vermeintlichen Braut den Schleier weg. Als sie sieht, begreift sie, dass ihre Eifersucht grundlos war und bricht in unbändiges Lachen aus. Und Jupiter möchte natürlich, dass sie glaubt, dass ihre Eifersucht immer grundlos war und ist.
In Versailles konnte am 31. März 1745 niemand über diese Geschichte lachen, sie verstieß gegen den Anstand den ethisch-stilistischen Anspruch an ein Werk, das bei Hofe aufgeführt wurde. Jean Philippe Rameaus Karriere als Opernkomponist litt keineswegs unter diesem Ereignis. Rameau war in wenigen Jahren zum wichtigsten Komponisten Frankreichs aufgerückt und wurde nicht nur vom Pariser Publikum fast ehrfürchtig bewundertet und bejubelt, sondern auch vom König. Ludwig XV. war sehr stolz auf seinen besten Komponisten und war nicht nachtragend.
Als Platée wenige Jahre später endlich Gelegenheit hatte, vor das Publikum zu treten, für die sie gedacht war, gab es ganz andere Reaktion als in Versailles. Die Pariser amüsierten sich köstlich am schneidenden Humor des Werks und jubelten. Die Satire auf die Eitelkeit und Bösartigkeit der Mächtigen und vermeintlich Schönen traf ihren Nerv. Platée wurde nun zu einem von Rameaus größten Erfolgen, und die Musik der Oper galt innerhalb kurzer Zeit als zeitloses Meisterwerk französischer Opernmusik.
Im Zuge der Renaissance der Barockmusik im 20. Jahrhundert wurde auch Platée wieder auf der Bühne erprobt und es zeigte sich, dass die wundervoll farbige und charakteristische Musik und die skurrile Geschichte von der Sumpfnymphe, die von den Göttern verhöhnt wird, sehr gut zu einem modernen Publikum sprachen. Heute ist Platée die erfolgreichste Barockoper unserer Zeit.
Libretto von Adrien-Joseph Le Valois d’Orville
nach dem gleichnamigen Schauspiel von Jacques Autreau
In französischer Sprache mit deutschen Übertiteln
Musikalische Leitung Martin Braun/Sigurd Hennemann
Inszenierung Anthony Pilavachi
Bühne und Kostüme Tatjana Ivschina
Choreografie Guido Markowitz
Dramaturgie Felix Losert
Platée, die Nymphe eines großen Sumpfgebiets
William Saetre/Matthäus Schmidlechner
Cithéron
Franz Binder
Mercure/Thespis
Daniel Jenz
Jupiter
Florian Spiess
Momus
Giulio Alvise Caselli
Junon
Karen Robertson/Katrin Adel
La Folie
Gotho Griesmeier/Cheryl Lichter
Amour/Clarine
Elisabeth Breuer
Thalie
Cheryl Lichter/Gotho Griesmeier
Ballettkompagnie des Landestheaters
Chor des Landestheaters
Bruckner Orchester Linz
Weitere Vorstellungen: 8., 11., 18. und 23. Februar; 10. und 16. März; 9. und 22. April;
30. Mai; 16., 18. und 30. Juni 2010