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"Michael Kohlhaas" nach der Novelle von Heinrich von Kleist im Hessischen Staatstheater Wiesbaden

Premiere: Samstag, 30. Januar 2010, 19.30 Uhr, Kleines Haus

 

Kleists Novelle vom Rosshändler Kohlhaas, dem Unrecht geschieht und der die erlittene Demütigung in eine Wut ummünzt, die ein ganzes Land in Aufruhr bringt, erscheint 2009 in neuem Licht.

Die Banken- und Wirtschaftskrise verunsichert nicht nur Menschen am unteren Rand der Gesellschaft, sondern auch in deren Mitte. Und nicht nur Verschwörungstheoreti-ker und Wichtigtuer prognostizieren für die kommenden Jahre soziale Unruhen, die sich nicht auf „Randgruppen“ oder „Problemviertel“ begrenzen werden lassen.

 

Kleists Michael Kohlhaas ist zunächst das Gegenteil eines Rebellen. Sein Gewerbe und sei-ne Familie, das Vertrauen in Gott und Staat sind die Säulen seines Lebens. Das könnte im-mer so weiter gehen, wenn nicht der Junker von Tronka in einem Akt reiner Willkür ein paar von Kohlhaasens Pferden einbehalten und zugrunde richten würde. Kohlhaas will lange nicht glauben, was doch bald offensichtlich ist: dass er in dieser Sache nicht auf seine Obrigkeit zählen kann, sondern ein Filz von Vetternwirtschaft, Korruption, Feigheit und Amtsmiss-brauch verhindert, dass ihm Recht widerfährt. Erst als Kohlhaasens Frau Lisbeth bei dem Versuch, mit einer Bittschrift zum Landesherren vorzudringen, stirbt, ist seine Langmut am Ende. Er sammelt eine Bande um sich und greift zur Selbsthilfe. Was als banal erscheinen-der Rechtsstreit beginnt, erschüttert am Ende die Grundfesten des Staatswesens.

 

Die Theaterfassung von Konstanze Lauterbach und Dagmar Borrmann wurde für die Insze-nierung am Hessischen Staatstheater entwickelt und lehnt sich dramaturgisch eng an die Kleistsche Novelle an, akzentuiert und strafft aber den Stoff. Das Geschehen wird in seinem historischen Kontext erzählt (in dem sich sowohl die authentische Geschichte des Hans Kohlhase aus einer Chronik des 16. Jahrhunderts wie auch Kleists Reflexion seiner eigenen gesellschaftlichen Realität widerspiegeln). Konstanze Lauterbach inszeniert regelmäßig am Hessischen Staatstheater Wiesbaden und eröffnete zuletzt mit ihrer gefeierten Inszenierung von Alban Bergs „Lulu“ die Maifestspiele 2009.

 

Theaterfassung von Konstanze Lauterbach und Dagmar Borrmann

 

Inszenierung Konstanze Lauterbach

Bühne Andreas Jander

Kostüme Karen Simon

Musik Achim Gieseler

Dramaturgie Dagmar Borrmann

 

Mit Michael Günther (Michael Kohlhaas), Doreen Nixdorf (Lisbeth/ Zigeunerin), Jörg Zirnstein (Herse/ Prinz von Meißen), Lars Wellings (Tronka/ Wenk), Tobias Randel (Hinz/ Geusau/ 3. Ratsherr/ Meister Himboldt), Bruno Winzen (Kunz), Uwe Kraus (Luther/ Graf Wrede), Oliver Breite (Nagelschmidt/ Kurfürst von Sachsen), Florian Thunemann (Burg-vogt/ Sternbald/ Knecht Kunz/ Kurfürst v. Bandenburg), Eva-Maria Damasko (Straßenjunge/ Bürgerin v. Wittenberg/ Hofdame), Michael v. Bennigsen (Junger Knecht bei Tronka/ Fried-rich/ Händler), Benjamin Krämer-Jenster (Amtmann/ 2. Ratsherr/ Abdecker/ Advokat), Gregor Müller (Zöllner/ Rümhold), Steven Gänge (Gast bei Tronka/ 1. Ratsherr/ Offizier der Wache), Dietmar Barbatschi (Waldmann/ Gast bei Tronka/ Knecht)

 

 

 

 

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