Absolutes Glücksverlangen und der Zwang, sich zwischen dem Geliebten und dem Sohn entscheiden zu müssen, zerreißt Annas Herz und ihre Seele. Ihre bisher sicher geglaubte Welt wird durch die Heftigkeit einer leidenschaftlichen Liebe ins Wanken gebracht. Und wie ein Domino-Spiel bringt diese Liebe zu Wronski auch das Umfeld der beiden zum Einsturz. Anna Karenina wird ihren Sohn verlassen und mit dem Grafen Wronski nicht glücklich sein.
Nicht nur Annas Leben entpuppt sich als ungesichert hinter einer Fassade der Saturiertheit, geregelt zwischen Bällen und Salons. Doch das Wissen der Figuren um die Fragilität ihrer Welt, schützt sie nicht vor dem Tanz in die
Tragödie. Das Eis der Konvention, auf dem sie sich drehen, ist dünn. Gutsbesitzer Lewin verliert die Liebe seines Lebens: Auf der „Eisbahn der Gefühle“ gleitet seine Braut Kitty an ihm vorbei. Ihre Schwester Dascha versucht, Lewin und Kitty wieder zu vereinen. Sie kennt die Leere einer nicht erfüllten Liebe. Ihr Mann Stefan gefällt sich in der Pose des Lebemanns. Der gemeinsame Ball wird für Anna zum Tanz in den Abgrund.
„Jeder sah das Leben, das er führte, als das einzig richtige an und das Leben des Freundes als Scheinleben.“ Leo Tolstois zwischen 1873 und 1877 entstandener Roman über den Hunger nach der absoluten Liebe und deren
Folgen zeichnet in seinem Kern ein zeitgenössisches Konfliktfeld. Das Dilemma individueller Selbstbestimmung zwischen grenzenloser Freiheit, Einsamkeit und innerer Leere lässt die bürgerliche Gesellschaft implodieren und
die Menschen ineinander stürzen.
Armin Petras hat den berühmten Roman für die Bühne dramatisiert. Er führt seine sieben Hauptfiguren in einen bitteren Reigen der Gefühle und erzählt von ihrer verzweifelten Sucht nach dem individuellen Glück. „Anna Karenina“ wird so zu einem Text dieser Zeit und Tolstoi zum Autor unserer Biografien.
Jan Bosse, Hausregisseur am Maxim Gorki Theater Berlin, inszeniert diese Adaption in Koproduktion mit den Ruhrfestspielen Recklinghausen.
Regie: Jan Bosse
Bühne: Stéphane Laimé
Kostüme: Kathrin Plath
Musik: Arno P. Jiri Kraehahn
Video: Meika Dresenkamp
Es spielen: Fritzi Haberlandt (Anna Karenina), Claudia Geisler (Dascha), Wanda Perdelwitz (Kitty); Robert Kuchenbuch (Lewin), Ronald Kukulies (Karenin), Bernd Michael Lade (Stefan), Milan Peschel (Wronski)
Premiere am 16. Mai 2008 in der Grubenausbauwerkstatt in Marl, Ruhrfestspiele Recklinghausen.
Die nächsten Vorstellungen in Berlin sind am 28. Mai 2008, am 11. Juni sowie am 1. und 2. Juli 2008.