Von Tochterliebe sollen die Erklärungen handeln. Regan und Goneril
funktionieren im System: brav tragen sie ihre Liebesbeteuerungen vor und
werden mit einem Teil des Reiches belohnt. Einzig Cordelia hält sich nicht
an die Absprachen. Sie liebt ihren Vater so wie es ist, nicht mehr, nicht
weniger. Lear sieht sich vor der Öffentlichkeit gedemütigt, verstößt
Cordelia und gibt den anderen beiden Töchtern ihren Teil dazu. Bei diesen
beiden will er abwechselnd seinen Lebensabend verbringen. Einen
Lebensabend, wie er sich für einen König gehört. 100 Ritter begleiten ihn
und nehmen die Gastfreundschaft Regans und Gonerils in Anspruch. Von
Gelagen ist die Rede, Ausschweifungen, wilden Festen. Den Töchtern wird es
bald zuviel. Lear soll sein Gefolge verkleinern. Doch der weicht nicht von
seinem Recht: 100 Ritter und keiner weniger. Der Streit eskaliert. Niemand
kann härter, unversöhnlicher, tödlicher streiten als Blutsverwandte.
Lear wird wahnsinnig. Er flieht in die Heide, setzt sich den Gewalten der
Natur aus, beweint sein Schicksal. Nur sein Narr begleitet ihn. Edgar, der
verstoßene Sohne Gloucesters stößt zu ihnen. Irre auch er, aber
selbstgewählt irre. Und schließlich ist da auch Gloucester, der den Betrug
seines unehelichen Sohnes Edmund an Edgar erkannt hat, der Lear helfen
will, indem er ihn zu seiner Tochter Cordelia bringt und den Regan für
diese Hilfe blenden lässt.
Je mehr das Stück voranschreitet, desto mehr wandelt es sich von der Tragödie zur Groteske, zu einem Theater der Narren. Wenn man angesichts der „Foltern der Welt“ nicht mehr an Gott, die Natur und die Geschichte appellieren kann, dann wird der Narr zur Hauptfigur des Theaters. Albert Camus schreibt: „Nicht weniger als vier Narren – einer aus Beruf, einer aus Neigung, die beiden anderen aus Qual: vier verwirrte Körper, vier unaussprechliche Gesichter ein und desselben Zustands.“ König Lear ist Shakespeares schwärzestes Stück. Ein großartiger, unerbittlicher Entwurf einer Welt, die aus den Fugen ist.
Inszenierung: Annegret Ritzel
Bühne: Siegfried E. Mayer
Kostüme: Gera Graf
Mit: Heinz Trixner, Madeleine Niesche, Andrea Wolf, Neda Rahmanian,
Maximilian Laprell, Klaus Lehmann, Werner Tritzschler, Till Krabbe, Markus
Angenvorth, Roman Schmelzer, Dirk Diekmann, Olaf Schaeffer, Markus Scherer, Daniel Heck, Bernd Rieser, Boris Weber, Günther Dittrich u.a.
Weitere Vorstellungen: 3./ 7./ 13./ 19./ 22./ 30. Mai; 1./ 14./ 19./20.
Juni
www.theater-koblenz.de
Karten unter: 0261 / 129 2840-41