Und zwei Dezennien später schwärmte Friedrich Schiller, als er keinem Geringeren als Goethe bei dessen Weimarer Inszenierung des Werks assistierte: »Noch nie hat eine Musik mich so rein und schön bewegt als diese!« – In seiner letzten »Reformoper« hat Gluck seinen eigenwilligen Weg aufs Glücklichste zu Ende geführt: Der Prunk der französischen und die Vokalartistik der italienischen Oper sind verbannt, stattdessen wirken Text und Musik auf eine Weise zusammen, die nur eine Maxime kennt: die Wahrheit. Ein radikaler Ansatz, der die Zuschauer seinerzeit erschreckte – kein Wunder, sahen sie doch sich selbst auf der Bühne: Menschen in ihrer Größe, aber auch in ihrer Grausamkeit und Verlorenheit.
Iphigenie ist in Not: Als Priesterin im Dienste des Königs Thoas hat sie die Pflicht, jeden Fremden, der auf Tauris auftaucht, den Göttern zu opfern. Nun stranden ihr Bruder Orest und sein Freund Pylades. Als Muttermörder hat Orest selbst größte Schuld auf sich geladen und zieht nun auch noch Pylades in sein Schicksal hinein. Iphigenie erkennt Orest nicht, die unfassbare Tat scheint unvermeidlich …
Iphigénie en Tauride ist Musiktheater in seiner reinsten, harmonischsten Form. Keine überflüssige Note lenkt vom antiken Drama ab, das dank Glucks expressiver Musik zu einer abgründigen Parabel über Götterglaube, familiäre Traumata, über Geschwister- und Freundschaftsliebe, über Verantwortung, Schuld und Vergebung wird.
Lyrische Tragödie in vier Akten // Text von Nicolas François Guillard
In französischer Sprache mit deutschen Übertexten
Musikalische Leitung Alexander Kalajdzic
Inszenierung Michael Schulz
Bühne und Kostüme Kathrin-Susann Brose
Dramaturgie Uwe Sommer
Mit Thomas Berau, Daniel Billings, Melanie Kreuter, Sarah Kuffner, Eric Laporte; Bielefelder Opernchor, Bielefelder Philharmoniker