DER ZERBROCHNE KRUG
Am Morgen eines Gerichtstages erwacht Richter Adam mit schmerzenden Wunden am Kopf. Kaum hat sein Schreiber Licht den bevorstehenden Besuch des strengen Gerichtsrat Walter aus Utrecht angekündigt, erscheint dieser auch schon und der Prozess kann beginnen: Ein Krug wurde in der Nacht zerbrochen. Geschehen ist die Tat in der Kammer der jungen Eve, die kurz vor der Verlobung mit dem Bauernsohn Ruprecht Tümpel steht. Ihre Mutter Marthe Rull klagt nicht nur das Zerbrechen eines wertvollen Kruges an, sondern auch Ruprecht, sich unerlaubt Zugang zur Eves Kammer verschafft zu haben. Ruprecht bestreitet das und erklärt, er habe einen Fremden aus Eves Fenster springen sehen. Eve, die die Wahrheit kennt, schweigt beharrlich zu dem Vorfall.
In Johannes von Matuschkas Inszenierung steht die Geschichte des sprachlos gemachten Mädchens im Vordergrund. Zerrieben zwischen der Sorge um den guten Ruf der Familie und einer verlogenen Justiz lotet der Abend die Verlorenheit Eves aus. In (alp-) traumhaften Bildern und Atmosphären, unterstützt durch die Glasmusik Clemens Hofingers, tritt das eigentlich tragische Schicksal des missbrauchten Mädchens seinen Weg in das Bewusstsein der Zuschauer an.
Erste Anregungen für die Komödie, die zu den besten deutschen Lustspielen gehört, fand Heinrich von Kleist (1777 – 1810) in dem Kupferstich "Der Richter oder der zerbrochne Krug" von J.J. Le Veau. Kleist schrieb das Enthüllungsspiel um einen Richter, der zugleich der gesuchte Schuldige ist, als moderner Sündenpfuhl über das Verhältnis von Recht und Gerechtigkeit, die Zerbrechlichkeit der Welt und die Wahrheit.
Inszenierung: Johannes von Matuschka
Bühne: Birgit Remuss
Kostüme: Hella Bünte
Dramaturgie: Kai Tuchmann/Petra Paschinger
Walter, Gerichtsrat Christian Taubenheim
Adam, Dorfrichter Klaus Müller-Beck
Licht, Schreiber Rainer Appel
Frau Marthe Rull Edith Abels
Eve, ihre Tochter Anne Diemer
Veit Tümpel, ein Bauer Max De Nil
Ruprecht, sein Sohn Issaka Zoungrana
Frau Brigitte Maria Brendel
AMPHITRYON
Alkmene erwartet sehnsüchtig die Rückkehr ihres geliebten Mannes Amphitryon aus dem Krieg. Als es endlich so weit ist, verbringen die beiden eine berauschende Liebesnacht. Am nächsten Morgen allerdings muss Alkmene feststellen, dass ein eifersüchtiger Amphitryon behauptet, eben erst eingetroffen zu sein. Auch dessen Diener Sosias verhält sich merkwürdig. Was niemand weiß: Sosias ist dem Götterboten Merkur begegnet, der seine Gestalt angenommen hat, um Göttervater Jupiter zu einer Nacht mit Alkmene zu verhelfen. Denn niemand anderes ist es, der Alkmenes Bett geteilt hat, als Jupiter selbst. Alkmenes innerstes Gefühl ist erschüttert, Amphitryon und Sosias zweifeln an ihrem Verstand und ihrer Identität. Was oder wem kann man in einer solchen Welt noch glauben? Am Ende stehen Gott und Mensch einander gegenüber...
Angelika Zaceks Arbeit befragt nicht zuletzt die Identität des Theaters. Immer wieder ziehen sich improvisatorische Flächen durch den Kleistschen Text, der so verblüffende Facetten offenbart. Der Raum und die Kostüme werden ständig gewechselt und umdefiniert. Die Spielweise ist gekennzeichnet durch hohen körperlichen Einsatz der Darsteller, welche ständig zwischen psychologischem Spiel und Performance oszillieren. Über weite Strecken wird der Verlauf des Abends im Moment seiner Aufführung von den Darstellern ausgehandelt.
Heinrich von Kleist verwandelt Molières Verwechslungskomödie „Amphitryon“ bei der Übersetzung ins Deutsche 1806/07 in ein ebenso humorvolles wie tragisches Stück um die Frage nach der menschlichen Identität, nach Zweifel und Gewissheit, nach Täuschung und Wahrheit, äußerem Anschein und innerem Gefühl. Dem Menschen bleibt im Verlust aller Kriterien, wie so häufig bei Kleist, nur die Flucht in die Bewusstlosigkeit.
Inszenierung: Angelika Zacek
Bühne: Birgit Remuss
Kostüme: Hella Bünte
Dramaturgie: Kai Tuchmann
Jupiter / Amphitryon Marcus Staab Poncet a. G.
Merkur / Sosias Philipp Reinheimer
Alkmene Pia Röver a. G.
Charis Christina Theresa Motsch
Die Chance, ein weiteres Mal beide Werke am gleichen Abend zu sehen, hat das Publikum sowohl am 23. Januar als auch am 30. Januar 2011.