Der neue König versucht, Hamlet auf seine Seite zu ziehen; Hamlets alte Freunde versuchen, ihn auszuspionieren, seine Freundin Ophelia wendet sich plötzlich von ihm ab ... „Es ist nicht gut und wird es nie mehr werden“, sagt sich Hamlet und nimmt den Kampf auf – gegen ein System, das nicht nur seinen Vater auf dem Gewissen hat, und das unbesiegbar scheint.
Was ist eigentlich faul im Staate Dänemark? Und wie kann man dem Unrecht, der Intrige, der Verstellung und Vertuschung begegnen?
Mit den Mitteln des Theaters will Hamlet ein Zeichen setzen – die „mousetrap show“ ist eine Falle und ein Spiegel für König Claudius und alle Zuschauer. Doch nicht nur Hamlet spielt als „Wahnsinniger“ ein doppeltes Spiel. Auch seine Gegner tun alles, um ihn auszuschalten. Schließlich erschlägt Hamlet im Affekt Polonius und die Katastrophe ist nicht mehr aufzuhalten. „Von einem gewissen Punkt an gibt es keine Rückkehr mehr. Dieser Punkt ist zu erreichen.“ (Franz Kafka)
In Simon Solbergs Fassung von Shakespeares berühmtestem Drama entsteht ein ungewöhnlicher HAMLET. Das Drama in der Übersetzung von August Wilhelm Schlegel dient als Ausgangspunkt, um die Hamlet-Geschichte und ihre Konflikte im Heute zu erzählen. „Dänemark“ ist vielleicht ein Staat, vielleicht aber auch eine Firma, ein Konzern, ein Konsortium. Claudius ist vielleicht ein Mörder, aber auf jeden Fall der neue Konzernchef, der den Platz des alten eingenommen und auch gleich dessen Frau und damit die Hauptanteile geheiratet hat. Ophelia ist die Tochter des Claudius, der ihre Beziehung mit dem aufmüpfigen Hamlet verhindern will. Laertes und Polonius sind zugleich Rosenkranz und Güldenstern – ein Brüderpaar, Handlanger und Emporkömmlinge am „Hofe“ des Claudius. Hamlets einziger Verbündeter bleibt – Horatio. Ein Weltverbesserer wie er selbst, nur mit einem kühleren Kopf.
Neben Shakespeare/Schlegel-Versen fließen auch Liebesszenen, Streitgespräche, Monologe aus anderen Dramen Shakespeares und Werken der deutschen Klassik in den Abend ein – Schillers DON KARLOS oder MARIA STUART leihen den Figuren ihre Sprache. Dazu kommen Stellungnahmen von Wirtschaftsfunktionären, aktuelle politische Literatur und Thesen von Globalisierungskritikern – Hamlet ist ein Aktivist von heute, der es sich zur Aufgabe gemacht hat, den Verstrickungen von Politik und Wirtschaft auf den Grund zu gehen. Es ist was faul im Staate Dänemark. Und Dänemark ist überall.
Simon Solbergs Hamlet spitzt die Konflikte des Stücks auf die Frage zu, warum wir alle uns eigentlich nicht wehren, gegen Ausbeutung, Verbrechen und politisches Versagen, die Tag für Tag vor unseren Augen passieren. Nicht mehr die Rache ist dabei das Thema, sondern die Konsequenzen der Rache für Hamlets Selbstbild: Welche Mittel will ich anwenden? Bin ich mir meiner selbst sicher? Wem kann ich trauen? Hamlet schwankt zwischen Zorn, Verzweiflung, Ohnmacht und Überforderung und nimmt doch den Kampf auf. Dabei ist seine Strategie das Theater – die Verstellung als „Wahnsinniger“ und die Inszenierung der Wahrheit, um diese überhaupt sichtbar zu machen. Das Spiel im Spiel berührt eine Konstante des menschlichen Zusammenlebens und ein zugleich hochaktuelles Phänomen – die inszenierte Öffentlichkeit, sei sie politisch oder privat, deren Oberfläche Machtverhältnisse und Verstrickungen verschleiert. Hamlet ist ein junger Mensch, der bei dem Versuch, etwas zu verändern, an der Gewissenlosigkeit seines eigenen Umfelds zerbricht.
Paul Grill ist Hamlet. Der 31-jährige gebürtige Berliner ist in seiner vierten Spielzeit am Heidelberger Theater und war Danton in DANTONS TOD, Max Piccolomini in WALLENSTEIN und spielte u. a. in ALLES IST ERLEUCHTET und GODARD DRIVING. Er ist außerdem als Jupiter in AMPHITRYON im Dicken Turm zu sehen. Hamlets Gegenspieler sind Klaus Cofalka-Adami als Claudius und Matthias Rott als Polonius. Dessen Partner und Bruder Laertes verkörpert der bekannte Musicaldarsteller Serkan Kaya, der unter anderem in JESUS CHRIST SUPERSTAR in Wien und in WE WILL ROCK YOU in Köln zu sehen war. Regisseur Simon Solberg ist in Heidelberg aufgewachsen, sein Regiedebüt ODYSSEE RELOADED inszenierte er 2006 am Schauspiel Frankfurt. Er ist einer der interessantesten Regisseure seiner Generation und war bereits zwei Mal zum Festival „Radikal Jung“ am Münchner Volkstheater eingeladen. Seine Inszenierungen sind kraftvoll, verspielt, politisch und persönlich. Mit seinen „Raubkopien“ von FAUST am Münchner Volkstheater, ROMEO UND JULIA am Dresdner Staatsschauspiel oder DIE RÄUBER am Theater Basel beschreibt Solberg sehr erfolgreich vor allem unsere Wirklichkeit – klug, radikal und unterhaltsam stellt er die klassischen Figuren und Konflikte in einen heutigen Kontext, ohne dass sie dabei ihre dramatische Kraft verlieren.
Regie & Bühne Simon Solberg
Kostüme Sara Kittelmann
Dramaturgie Kerstin Grübmeyer
Hamlet Paul Grill
Claudius Klaus Cofalka-Adami
Gertrud Antonia Mohr
Ophelia Franziska Beyer
Horatio Natanaël Lienhard
Laertes Serkan Kaya
Polonius Matthias Rott
Weitere Termine Sa 26.6., Sa 3.7., Fr 9.7., Fr 16.7., So 18.7., Mi 21.7., Sa 31.7., So 1.8.