"Die Räuber" von Friedrich Schiller
Neben Goethes FAUST ist Schillers DIE RÄUBER das deutsche Drama. Die Uraufführung 1782 war ein Skandal und machte den 22jährigen Autor über Nacht berühmt. Bis heute gilt Schillers Karl Moor als Inbegriff des deutschen Revolutionärs. Sein Aufstand gegen die Obrigkeit ist eine Rebellion der Jugend gegen die Generation der Väter, und damit gegen das herrschende System. Karls Fehler: Es ist eine Revolte für das Volk, aber nicht durch das Volk. Nicht politische Veränderung, sondern materieller Egoismus ist die Maxime seiner Räuberbande. Statt die existierenden Ungerechtigkeiten zu bestrafen, „das stockende Geld in Umlauf bringen, das Gleichgewicht der Güter wieder herstellen“, beherrscht Anarchie ihr Tun. Ernüchtert vom eigenen Scheitern, zieht Karl Resümee: „Zwei Menschen wie ich, könnten den ganzen Bau der sittlichen Welt zugrunde richten.“ Statt persönlicher Freiheit und der Vision einer neuen politischen Ordnung, steht am Ende die Sehnsucht nach der Rückkehr in die alte Ordnung. Im Verhalten der Brüder Karl und Franz Moor wird Schillers Kritik an der Aufklärung evident. Er stellt die Frage, welcher Mensch – und weiterführend welche Gesellschaft – ohne Kategorien wie Moral, Schuld oder Gewissen bestehen kann.
Michael Billenkamp
mit Manolo Bertling, Maximilian Brauer, Artemis Chalkidou, Marina Frenk, Andreas Keller, Peter René Lüdicke, Holger Stockhaus
Regie: Martin Laberenz
Bühne: Susanne Münzner
Kostüme: Peter Schickart
Dramaturgie: Michael Billenkamp
"Vatermord" nach Arnolt Bronnen
Deutschland einig Vaters Land? Die Geschichte der Väter ist zunächst deren Geschichte als Söhne. Söhne von Familienvätern, Übervätern, geistigen Vätern, abwesenden Vätern, Ersatzvätern ... Und es ist eine Geschichte, in der diese Väter nicht selten getötet werden: mit Händen, Waffen, Worten, Blicken, in Gedanken, im ödipalen Reflex, in den politischen Arenen – und auch in der Kunst.
Jede neue Generation erlebt zwangsweise ihre Abgrenzung gegenüber dem Alten, jedes Ich seine Abnabelung. In der unweigerlichen Konkurrenzgeste steckt die Gewalt der unerklärten Liebe, die Frage nach der Anerkennung von Autorität und natürlich die Fiktion, alles anders machen zu können. So begründet sich im Kleinen wie im Großen eine Ideengeschichte des symbolischen Vatermordes, der auch seine real Toten fordert. Deutschland als Vaterland denken meint, seine geistige Vaterschaft, den Totentanz der Väter, eine Art Revue erleben.
Für Arnolt Bronnen war Deutschland ein biografisches Minenfeld. Mehr als das Kind seiner Eltern war er ein Kind seiner Zeit, in der sich Anfang des 20. Jahrhunderts mit pathetischer Erregtheit zahlreiche Jugendbewegungen formieren. Ihr privater Schrei nach Zukunft versteht sich als ästhetisch-politisches Programm. Sie rufen eine neue Zeit aus, die im Ersten Weltkrieg schnell altert und im Zweiten aus „Wandervögeln“ „Hitlerjungen“ rekrutiert. Bronnen selbst vollzieht seinen symbolischen Mord am jüdischen Vater, indem er sich für seinen „Ariernachweis“ kurzerhand zum Sohn eines anderen erklärt. Im literarischen VATERMORD verbaut er dem Jungen Walter den erträumten Zukunftshorizont durch häusliche Enge, in der die Verdrängung des Vaters so gewaltig und die beruflichen Erwartungen an den Sohn so erdrückend sind, dass die Befreiungsschläge tödliche Wunden reißen.
Anja Nioduschewski
mit Günther Harder, Marek Harloff, Okka Hungerbühler, Janine Kreß, Thomas Lawinky, Lenja Raschke, Berndt Stübner
Regie: Robert Borgmann
Bühne: Susanne Münzner
Kostüme: Janina Brinkmann
Musikalische Leitung: Frank Raschke
Dramaturgie: Anja Nioduschewski
Hinweis: Die Inszenierungen DIE RÄUBER und VATERMORD werden im Repertoire jeweils einzeln zu sehen sein, immer wieder aber auch in einer Langen Nacht hintereinander gespielt! Bitte beachten Sie diesbezüglich unsere besonderen Angebote, allen voran das Kombiticket für die direkt aufeinanderfolgenden Vorstellungen im Laufe eines Abends!