Ein Alptraum wird wahr. Der Milliardär Meisner ist entführt worden und findet sich auf einem OP-Tisch wieder. Zur Identifizierung wird ihm eine Gewebeprobe entnommen. Alles Argumentieren und Verhandeln nützt nichts. Zum ersten Mal in seinem Leben steht er einem ebenbürtigen Gegner gegenüber, ist ihm sogar ausgeliefert. Der Entführer Ronaldo fordert die aberwitzige Summe von 10 Milliarden Dollar, aber nicht um sich selbst zu bereichern - das hat er nicht nötig, er ist selbst Millionär -, sondern um das Geld über dem Atlantischen Ozean auszustreuen. Sicherlich könnte man mit dem Geld Sinnvolleres tun, z.B. soziale Projekte unterstützen, aber damit würde das Geld im Wertekreislauf verbleiben und genau das möchte Ronaldo nicht, ihm geht es um Vernichtung. Und Meisner ist nicht der Einzige, der ihm ausgeliefert ist, in Nachbarkellern sind noch 29 weitere Milliardäre gefangen.
Stephan Kaluza, eigentlich bildender Künstler, bekannt durch seine fotografischen Großprojekte, hat mit seinem ersten Theaterstück, das jetzt im Central des Schauspielhauses Düsseldorf uraufgeführt wurde, eine Studie über Macht, Moral, den Sinn des Geldes, Gewalt und Schönheit geliefert. Die Dialoge zwischen dem machtgewohnten, ruppigen Milliardär und dem feinsinnigen, äußerst höflichen Entführer sind spannend zu verfolgen und wirken um so mächtiger, da das Publikum von allen Seiten zuschauend um die Spielstätte platziert, selbst in den schalldichten Keller mit eingeschlossen ist. Die beiden zur sadistischen Brutalität neigenden Handlager des Entführers, mit schwarzen rokokoartigen Gewändern gekleidet, sorgen durch ihre vampiresken Neigungen für einen Schuss surreale Absurdität, tragen aber auch zu einem spannungssteigernden Effekt bei, da sie unberechenbar wirken.
Für diese Art eines Kammerspiels scheint die Bühne im Central geradezu ideal, die durch Pia Maria Mackert gelungen in Szene gesetzt wurde. Auch die Besetzung mit dem Gegensatzpaar Pierre Siegenthaler als Meisner und Guntram Brattia als Ronaldo, sowie den beiden "Maskierten" Viola Pobitschka und Moritz Führmann erweist sich als überaus überzeugend, einerseits präzise wie andererseits schräg gespielt. Christian Doll gelang es mit seiner packenden Inszenierung, dass eineinhalb Stunden wie im Flug vergingen.
Darsteller: Guntram Brattia, Moritz Führmann, Viola Pobitschka, Pierre Siegenthaler
Inszenierung: Christian Doll
Bühne und Kostüme: Pia Maria Mackert
Video: Michael Deeg
Premiere 05. Mai 2010, 20:00, Central