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Deutschsprachige Erstaufführung: MEFISTO FOREVER in Berlin

Tom Lanoye frei nach Klaus Mann

Premiere 26. Februar 2008 um 19.30 Uhr im Maxim Gorki Theater

 

Klaus Manns „Mephisto“ gehört zu den bekanntesten Romanen des 20. Jahrhunderts. Zu einem Skandal wurde das Buch durch die biografische Nähe der Hauptfigur zu dem Schauspieler Gustaf Gründgens.

Doch „Mephisto“ ist mehr als ein Schlüsselroman. Hinter dem Porträt einer Theaterwelt, die sehenden Auges in die Katastrophe rutschte, steht die harte Auseinandersetzung mit dem Verhältnis von Kunst und Macht zu Text und Propaganda, von Verführung und Verrat. Tom Lanoye hat aus diesem Stoff ein Theaterstück kristallisiert, das sich von den Kolportagetendenzen des Romans deutlich entfernt und sich auf Klaus Manns ungebrochen aktuelle Frage nach

den Möglichkeiten und der Ohnmacht des Künstlers konzentriert. Dafür hat Lanoye nicht nur die Namen der Figuren geändert, sondern die Handlung stark fokussiert: Die Geschichte des übertalentierten Schauspielers und Regisseurs, der den Verlockungen der Macht nicht widerstehen kann, spielt bei ihm auf der Probebühne eines großen Theaters.

 

In diesen vermeintlichen Schutzraum dringen die politischen Ereignisse der Außenwelt und die Akteure des neuen Regimes werden mehr und mehr zu Regisseuren des Spiels.

 

Lanoyes Text lebt von der Spannung zwischen den klassischen Texten von Shakespeare, Tschechow und Goethe, die in Kurt Köplers Theater probiert werden. Zusätzlich aufgeladen werden die Fragestellungen und inhaltlichen

Konstellationen der Texte durch die politische Situation, vor deren Hintergrund sie zur Aufführung gelangen sollen. Armin Petras inszeniert die deutschsprachige Erstaufführung dieses Stücks mit Paul Herwig in der Hauptrolle. Die Inszenierung konzentriert sich vor allem auf die strukturellen Fragen, die durch Lanoyes Konstruktion sichtbar werden: Wie lange kann man weiterspielen? Wann verfällt man der Professionalitätsschlaufe und wird unfähig, sich als Bürger und nicht als Schauspieler zu verhalten? Die Richterposition der historischen Distanz zu verlassen und sich den Optionen zu stellen, die dem Staatstheaterensemble offen standen, ist die Herausforderung des Ensembles bis hin zur Frage: bleiben oder gehen, spielen oder aufhören, erfolgreich sein oder sich moralisch retten.

 

Eines ist bereits jetzt sicher: an Brisanz hat dieser Jahrhundertstoff nichts verloren, denn nichts ist bewältigt und nichts gelernt.

 

Es spielen: Julischka Eichel (Nicole Neumann), Fritzi Haberlandt (Rebecca Füchs), Wanda Perdelwitz (Angela), Anja Schneider (Lina Lindenhoff), Ursula Werner (Mutti Hilda); Paul Herwig (Kurt Köpler), Peter Kurth (der Dicke), Peter

Moltzen (Niklas Weber, der Hinkende), Max Simonischek (Victor Müller)

Regie: Armin Petras, Bühne: Kathrin Frosch, Kostüme: Aino Laberenz, Video: Jan Speckenbach

 

Die nächsten Vorstellungen sind am 28. Februar sowie am 13. und 25. März 2008 um 19.30 Uhr.

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