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DER MUSIKKRITIKER LÄSST GRÜSSEN -- "Der Tod, das muss ein Wiener sein" im Renitenztheater Stuttgart

am 20. Mai 2025

Das Wiener Kaffeehaus als Institution wurde hier gebührend gefeiert. Nikolaus Büchel bereitete das Ganze als Regisseur und gebürtiger Wiener auch kabarettistisch auf: "Wie kommt der Wolf ins Kaffeehaus?" Die israelische Mezzosopranistin Hagar Sharvit, Mikhail Timoshenko (Bariton) und Elitsa Desseva (Klavier) ließen den unverwechselbaren "Wiener Schmäh" Revue passieren. Das zeigte sich sogleich zu Beginn, als beide Sänger "In einem kleinen Cafe in Hernals" von Hermann Leopoldi anstimmten. "Der Abschiedsbrief" von Kurt Weill spielte in der Interpretation von Hagar Sharvit virtuos mit erweiterter Tonalität.

 

"Neues Märchen" von Moritz Eggert besaß dann mit Mikhael Timoshenko explosives rhythmisches Feuer. Hagar Sharvit interpretierte impulsiv und chromatisch feinnervig die beiden Hugo-Wolf-Lieder "O wär dein Haus durchsichtig wie ein Glas" und "Mein Liebster hat zu Tische mich geladen" aus dem "Italienischen Liederbuch". Innere emotionale Spannungskraft beherrschte auch "Ich ließ mir sagen und mir ward erzählt" von Hugo Wolf in der einfühlsamen Wiedergabe von Mikhail Timoshenko.  Hagar Sharvit überzeugte entsprechend verkleidet mit einer ansprechenden Nummer aus "Mary Poppins" von Robert B. Sherman & Richard M. Sherman: "Füttert die Vögel". Wunderbar sarkastisch kam "Tauben vergiften" von Georg Kreisler daher, wo Mikhail Timoshenko einmal mehr seine gesangliche Charakterisierungskunst zeigte. Viel Humor besaß "Starke Einbildungskraft" mit einem werbenden Paar von Gustav Mahler.  Das "Lob der Faulheit" von Joseph Haydn gefiel mit Mikhail Timoshenko aufgrund seiner leisen Ironie, die trotz des recht strengen kontrapunktischen Satzes in reizvoller Weise hervorblitzte. "Hotel" von Francis Poulenc überzeugte mit formklarer Intonation, die Hagar Sharvit unterstrich.  

"Der Tod, das muss ein Wiener sein" hieß es dann bei Georg Kreisler, was Mikhail Timoshenko mit viel Charme und Witz präsentierte. Beide Sänger brillierten auch bei Leonard Bernsteins "I am easily assimilated" aus "Candide". "Chanson romanesque" von Maurice Ravel gewann dank Mikhail Timoshenko aufgrund des weichen Timbres und der ausdrucksvollen Diktion rasch Kontur und Esprit. Die Mischung von Tonalität und Modalität wirkte ausgesprochen reizvoll. "Sex" von Benedikt Eichhorn nahm sich dieses Themas mit satirischer Ironie an, was Hagar Sharvit unterstrich. Sie interpretierte den "Frühlingsmorgen" von Gustav Mahler mit subtilen melodischen Linien und einer Erdentrücktheit, wie sie für Mahler typisch ist. "Dein blaues Auge" op. 59/8 von Johannes Brahms gewann in der Wiedergabe von Hagar Sharvit Klangfarbenreichtum und bewegliche Phrasierungskunst. "Zur Warnung" von Hugo Wolf schwankte wiederum zwischen chromatischen Finessen und differenzierter Dynamik, die Mikhail Timoshenko mit feinen Nuancen betonte. Hagar Sharvit überzeugte ferner bei "Wie lange noch" von Kurt Weill aufgrund melodischer und rhythmischer Präzision. "Chanson a boire" von Maurice Ravel  überraschte mit Mikhael Timoshenko wiederum aufgrund des prägnanten Ausdrucks. Jake Heggies "The moon's the North Wind's cooky" aus "Songs to the Moon" fesselte mit Hagar Sharvit aufgrund der elektrisierenden rhythmischen Passagen. "Nude at the piano" von John Musto besaß mit Mikhail Timoshenko  ebenfalls Verve und Drive.

Drei Lieder von Hugo Wolf vereinten nochmals das Pathos des Intimen mit leidenschaftlicher Emphase, was Hagar Sharvit bei "Mein Liebster ist so klein" aus dem "Italienischen Liederbuch" reizvoll unterstrich. "Nicht länger kann ich singen" aus dem "Italienischen Liederbuch" zeigte dank Mikhail Timoshenko ebenfalls viele Klangfacetten, wobei Elitsa Desseva die Sänger immer einfühlsam am Klavier begleitete. Schließlich machte "Der Musikkritiker" von Georg Kreisler mit Mikhail  Timoshenko auf das unbeschreibliche Elend dieses Berufsstandes in sarkastischer Weise aufmerksam!  "Amor" von William Bolcom überzeugte mit Hagar Sharvit wiederum aufgrund starker rhythmischer Bewegung.  Mikhail Timoshenko setzte das "Musikkritiker"-Problem bei "Abschied" von Hugo Wolf als Schmählied auf einen Rezensenten in geradezu genüsslicher Weise fort. Hagar Sharvit gefiel bei Franz Schuberts "Fischerweise" mit der Tiefe des Ausdrucks. Beide Sänger gewannen "Voyage a Paris" von Francis Poulenc zuletzt ironisch-geistreiche Assoziationen ab.

Als Zugabe begeisterte noch "Es muss was Wunderbares sein" von Franz Liszt!
 

 

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