Im Rahmen des Festivals "Sacre Plus" trat Xavier Le Roy im Tanzhaus NRW auf. Der französische Choreograph sorgte mit seiner ungewöhnlichen Interpretation von Igor Strawinskys "Sacre du Printemps" für Irritationen, denn statt einer getanzten Version sah man ihm beim Dirigieren eines imaginären Orchesters zu. Das wirkte anfangs etwas ermüdend. Es brauchte einige Zeit, um sich darauf einzulassen. Die im allgemeinen standardisierte Gestik der Dirigenten ließ er in einem neuen Licht erscheinen, mitunter voller Humor und Ironie gezeichnet.
Le Roy geht es bei seinem "Sacre" nicht nur um die Beziehung von Musik und Bewegung, um das Verhältnis von Sehen und Hören, sondern auch um die Wirkung auf den Zuschauer und die durch das Hören und Sehen ausgelöste Imagination. So könnte etwa vor dem geistigen Auge ein Orchester in Erscheinung treten, dessen Instrumenteneinsatz man aus der Sicht des Dirigenten verfolgt oder es könnte auch eine bereits gesehene Sacre-Choreographie in Erinnerung kommen. Vielleicht geht aber auch die Frage dahin, ob es tatsächlich noch eine neue Choregographie des "Sacre" braucht, ist diese Inkunabel der Tanzgeschichte doch seit ihrer Uraufführung im Jahre 1913 in Paris über 260mal inszeniert worden. Letztendlich tritt aber auch Le Roy mit seinem Solo in diese illustre Riege der Interpreten ein, auch wenn er das Interpretieren selbst zum Thema macht. Seine Inszenierung hat im übrigen den Effekt, dass die überaus starke Musik Strawinskys mit erneuter Aufmerksamkeit wahrgenommen wird. Das Publikum dankte es mit begeistertem Applaus.
Konzept, Performance: Xavier Le Roy
Musik: Igor Strawinsky; Klangregie: Peter Böhm; Aufnahme: Berliner Philharmoniker unter der Leitung von Sir Simon Rattle; künstlerische Mitarbeit: Berno Odo Polzer, Bojana Cvejic.
7.9.2010