Eine Komödie, drei Frauenrollen, sechs Männerrollen, vier Akte, eine Landschaft (Blick auf einen See); viele Gespräche über die Literatur, wenig Handlung, ein Pud Liebe“, schreibt Tschechow 1885 über Die Möwe. Er untertreibt, denn es geht um weit mehr. Um die Frage, ob Kunst nicht die Welt verändern muss.
Die Figuren suchen, irren, hoffen und lieben: Mascha, die den Lehrer Medwedenko heiraten könnte, liebt insgeheim Kostja, der Nina vergöttert, die ein Auge auf den berühmten Schriftsteller Trigorin geworfen hat, der eigentlich mit Kostjas Mutter Arkadina zusammen ist, aber letzten Endes vor allem eines liebt: wenn ihm jemand zu Füßen liegt. Neben dem Liebesreigen ist das Stück vom Vorabend der Revolution geprägt, was sich in der Möwe auch im Kontext von Literatur und Theater zeigt: Ein Spiel im Spiel steht am Anfang. Der junge Schriftsteller Kostja hat ein Stück für seine Liebe, die angehende Schauspielerin Nina geschrieben und lädt zur Uraufführung.
Dass Nina die Hauptrolle spielt, könnte für Kostjas Mutter Arkadina schon Provokation genug sein, immerhin hält sie sich für die beste und einzig wahre Schauspielerin überhaupt. Doch Kostja setzt noch einen drauf: Sein Stück fordert von Kunst und Theater neuen Mut und neue Formen – und scheitert kläglich. Es kommt nicht einmal zum Schlussapplaus – denn Arkadina vernichtet nicht nur ihren Sohn. Es ist der Anfang vom Ende.
Regie Martin Laberenz
Bühne Volker Hintermeier
Kostüme Aino Laberenz
Musik Friederike Bernhardt
Dramaturgie Katrin Spira
Mit Manolo Bertling, Paul Grill, Manuel Harder, Caroline Junghanns, Cristin König, Robert Kuchenbuch, Svenja Liesau, Peter René Lüdicke, Abak Safaei-Rad, Christian Schneeweiß; Friederike Bernhardt / Niklas Kraft