David Alden führt die Produktion „Jenufa“ von Leoš Janácek an der Staatsoper Stuttgart nicht zu Ende. Aus dispositionellen Gründen haben sich der amerikanische Regisseur und die Staatsoper Stuttgart einvernehmlich getrennt. Für Alden springt kurzfristig der katalanische Regisseur Calixto Bieito ein, der die Inszenierung gemeinsam mit dem Dramaturgen Xavier Zuber herausbringen wird. Premiere ist weiterhin am 14. Januar.
Calixto Bieito und Xavier Zuber, seit dieser Spielzeit Leitender Dramaturg an der Staatsoper Stuttgart, arbeiten seit mehreren Jahren zusammen; es entstanden zahlreiche Opern- und Schauspielproduktionen, zuletzt Alban Bergs „Wozzeck“ in Hannover und „Peer Gynt“ beim Bergen Festival. An der Staatsoper Stuttgart wird Bieito außerdem diese Saison die Neuproduktion von Puccinis „La Fanciulla del West“ übernehmen.
Die musikalische Leitung des Werkes in Originalsprache liegt in den Händen von Marc Piollet. Der Generalmusikdirektor der Hessischen Staatstheater Wiesbaden dirigierte in Stuttgart bereits Ende der 90er Jahre u.a. „Così fan tutte“.
Leoš Janáčeks zweite Oper von 1904 ist eine Milieustudie mährischen Landlebens, wobei Bühne und Kostüme nach Gideon Davey, szenisch keine folkloristische Entsprechung suchen, sondern eine abstrakte Industriestruktur zeigen.
Für das Team Bieito-Zuber hat Janáčeks Beschreibung einer Dorfgemeinschaft, ihrer Regeln und Tabus auch heute nichts in seiner Gültigkeit verloren, in ihrer Interpretation untersuchen sie die Ursachen von Unterdrückung und Manipulation im Privaten: „Für mich ist das wie in einer spießigen Kleinstadt, wo die Idylle nur scheinbar besteht, weil die Gemeinschaft alles Individuelle den engen moralischen Gesetzen des Kollektivs unterwirft“, so Xavier Zuber.
Die Thematik der Unterdrückung fasst Zuber aber auch geschlechterspezifisch: „Die Männer haben alle etwas Zerstörerisches, was sie an den noch Schwächeren, den Frauen auslassen.“ Gleichzeitig sieht er aber auch wie diese Konstellation durch die titelgebende Figur, in Stuttgart gesungen vom Ensemblemitglied Eva-Maria Westbroek, gebrochen wird: „Jenůfa ist die Geschichte eines Martyriums. Sie ist nicht nur Opfer, sondern verwandelt sich im Laufe der Oper in etwas Heiliges und verkörpert schließlich ein Bild tiefster Humanität.“
Musikalische Leitung Marc Piollet
Regie Calixto Bieito und Xavier Zuber
Bühne und Kostüm nach Gideon Davey
Licht Reinhard Traub
Chor Johannes Knecht
Dramaturgie Xavier Zuber
Besetzung
Jenůfa Eva-Maria Westbroek
Die alte Buryjovká Renate Behle
Küsterin Leandra Overmann
Števa Buryia Thomas Ruud / Raymond Very
Laca Klemen Frank van Aken
Altgesell Mark Munkittrick
Der Dorfrichter Wolfgang Probst
Karolka Michaela Schneider
Barena Tajana Raj
Jano Yuko Kakuta
Schäferin Tina Hörhold