Dann folgten vier Stücke aus den "Weihnachtsliedern" op. 8 von Peter Cornelius, wo Gerold Huber für Christiane Karg ebenfalls ein überaus einfühlsamer Begleiter war. Bei einzelnen Nummern wie "Christbaum", "Die Hirten", "Die Könige" und "Christkind" stach empfindungswarme Lyrik immer wieder deutlich hervor. Und auch beim "Weihnachtslied" von Felix Mendelssohn Bartholdy überraschten vielfältige Klangfarben und bewegende Emphase. Poetischer Zauber machte sich bei den feinen Kantilenen bemerkbar. Der "Christbaum" von Joseph Marx schien dann in zahlreichen Arabesken und Girlanden hell aufzuleuchten. Starke Harmonik und impressionistisches Kolorit prägten die Gesangspassagen, die Christiane Karg mit blühendem Leben erfüllte. Gerold Huber unterstrich die reichen pianistischen Figurationen mit Nachdruck.
Von Richard Strauss erklangen die beiden Lieder "Weihnachtsgefühl" und "Die heiligen drei Könige" op. 56/6 voller Esprit und gesanglichem Einfühlungsvermögen. Überwältigend-strömende Kantilenen offenbarten eine voluminöse Fülle. Mdelodisch weit ausgesponnene Passagen waren von leidenschaftlicher Bewegung erfüllt. "Maria am Rosenstrauch" op. 142/3 von Max Reger atmete eine eher ergreifende Schlichtheit, wobei das liedhafte Melos von Christiane Karg voll ausgekostet wurde. Spannungsmomente zwischen Ekstase und klanglicher Reinheit brachten zudem die beiden Lieder "Ach, des Knaben Augen" sowie "Die ihr schwebet" aus dem "Spanischen Liederbuch" von Hugo Wolf, wo Christiane Karg auch das Pathos des Intimen überzeugend herausarbeitete.
Anschließend begeisterte das mediterrane Kolorit bei "Cantarcillo" von Eduard Toldra, wo Gerold Huber die leiseren Zwischentöne ebenfalls unterstrich. Bei den Liedern aus "Diez villancicos espanolas" von Joaquin Nin Y Castellanos zauberte Christiane Karg immer neue und schillernde Klangfarben hervor, die wie Sterne am harmonischen Himmel aufblitzten. "La madonna col bambino" von Camille Saint-Saens triumphierte in der Wiedergabe durch das Duo Karg/Huber mit großer melodischer Leuchtkraft und reicher arioser Entfaltung. "Noel ancien" von Ottorino Respighi erwies sich in der Interpretation von Christiane Karg als eindringliches Klanggemälde mit melismatisch-rezitativischen Vorzügen, parthetischer Geste und feinsinnigen lyrischen Kontrasten. "Noel des jouets" von Maurice Ravel fesselte in der Wiedergabe der beiden gut aufeinander abgestimmten Künstler mit Virtuosität und feiner Betonung der Terz-Struktur. Der Wille zur tonalen Eindeutigkeit dominierte bei dieser gesanglich überaus prägnanten Deutung.
Rhythmisch und strukturell sehr abwechslungsreich wirkte auch "Noel des oiseaux" als weiteres Weihnachtslied von Cecile Chaminade, wobei der thematische Reichtum hier regelrecht aufblühte. Eine Nähe zu Camille Saint-Saens und Charles Gounod war unüberhörbar. Zuletzt überraschten die drei Lieder "Noel des humbles", "Noel des fleurs" und "Noel paien" von Jules Massenet aufgrund eines harmonisch reichen Stils mit vielen Klavierarpeggien und ungewöhnlich hoher kompositorischer Qualität. Die von Claude Debussy gepriesenen "nicht endenwollenden Schauern, Erregungen und Liebesausbrüche" dieser Musik blieben dabei in starker Weise spürbar. Rezvolle Melodik erinnerte natürlich auch an die französische Opera lyrique.