Logo of theaterkompass.de
HomeBeiträge
SATIRISCHE MINIATUREN -- Kabarettabend mit Matthias Brodowy im Kleinkunstkeller BIETIGHEIM-BISSINGENSATIRISCHE MINIATUREN -- Kabarettabend mit Matthias Brodowy im...SATIRISCHE MINIATUREN --...

SATIRISCHE MINIATUREN -- Kabarettabend mit Matthias Brodowy im Kleinkunstkeller BIETIGHEIM-BISSINGEN

21.2.2025

Als Meister feinsinnigen Humors erwies sich der Kabarettist Matthias Brodowy aus Hannover, der an diesem Abend am Piano auch höchst einfühlsame Lieder vorstellte. Bei ihm läuft Sir Lancelot durch den städtischen Park und ein Hipster fällt in einen Gully. Er beklagte, dass er einen Strafzettel bekommen habe, obwohl er ordnungsgemäß einen Parkschein löste. Als Hypochonder erwartete er einen einbrechenden Super-Gau. "Keine Zeit für Pessimismus" überzeugte durchaus als scharfzüngiges Programm.

 

Copyright: Tomas Rodriguez

"Ich arbeite mit Tricks", bekannte Brodowy und erinnerte an Zirkusnummern von Charlie Rivel. Aus einem verzagten Arsch komme kein vergnügter Furz. Der Song "Es ist keine Zeit für Pessimismus" überzeugte mit eingängigen Melodien. 28 Millionen Menschen seien ehrenamtlich aktiv. Es gebe allerdings auch übereifrige Ehrenamtliche. Beim Spruch "Lass' doch einfach die Kohlehydrate weg" erinnerte er an Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach. Und er erzählte die vergnügliche Story von zwei höchst unterschiedlichen Verwandten - einem CDU-Mann und einem strammen Kommunisten aus der DDR, die die Streitkultur pflegten. Die Regierung schicke immer wieder von Bundeskanzler Scholz bezahlte Kabarettisten ins Land! Mit Trump und Musk sei dann die Zeit der Oligarchen hereingebrochen. Bei "diesem Männchen" Zuckerberg denke er an Alfred Hugenberg. Und Alice Weidel habe sich mit ihrer Bemerkung, dass Hitler ein Kommunist gewesen sei, doch gehörig vergaloppiert!  Da hätte auch Alexander Gauland nicht viel hinzuzufügen brauchen. Wenn Arschgeigen Musik machen würden, wachse eben kein Gras mehr.

Mit dem Song "Das Wasser ist viel zu tief" bewies Matthias Brodowy seine hohe musikalische Qualität, die sich manchmal auch an Herbert Grönemeyer oder Reinhard Mey orientiert. Europa sei an seiner  verzwickten Situation selber schuld. Er erinnerte an legendäre Kabarettisten wie  Wolfgang Neuss, Dieter Hildebrandt oder Hanns-Dieter Hüsch. Beim Lied "Zirkusdirektor werden" ging er nochmals ganz aus sich heraus. Witzig war seine Hymne auf die "Kloschüssel": "Flöten Sie mal ins Klo, da kommt ein Fagott wieder raus!" Die "Kulturgeschichte  des Urinals" erfuhr bei ihm viele Variationen bis hin zum Plastik-Fußballtor: "Wie Adolf Hitler sitz' ich hier, die braune Masse hinter mir..."

Manchmal schoss Brodowy scharfe und sarkastische rhetorische Pfeile ab, die es in sich hatten. Der "Nazi-Scheiß" sei eben nicht von "Karl Murks". Und er erwähnte sogar eine Voodoo-Puppe. Der Song "Ein ganz normaler Tag in dieser Stadt" entführte das Publikum wieder in gänzlich andere Gefilde. "Ich war Öko-Terrorist, bevor ich Kabarettist wurde", bekannte Brodowy. Unter Polizeieinsatz habe er gegen "McDonalds" protestiert. Ein guter Song war ferner "Die Büchse der Pandora", wo er stilvoll das Klavier mit einbzog.  Doch seine musikalische Liebe gehöre auch der Orgel, er sei C-Musiker. Das Lied "In seiner Welt tickt die Uhr anders" erinnerte berührend an einen alten Mann, dessen Welt sich für Minuten mit der seiner Enkelin trifft.  "Machen Sie Blödsinn, bringen Sie dieses Land zum Lachen!" forderte Matthias Brodowy sein Publikum auf. "Seien Sie humoristisch!" rief er.

Man solle Menschen auch mit Planeten vergleichen - die "Arschlöcher" würden  alle vom "Uranus" kommen! Mit einem bewegenden "Gute-Nacht-Lied" verabschiedete sich Matthias Brodowy von den zahlreich erschienenen Gästen. Senioren würden im Internet verschwinden, weil sie "Alt" und "Entfernen" drücken. So war dieses Programm vor der Wahl durchaus geeignet, die Leute nachdenklich zu machen. Den Kopf in den Sand zu stecken, sei definitiv nicht "atmungsaktiv". Es sei schade, die Welt Leuten zu überlassen, denen man es sowieso nicht recht machen könne. Matthias Brodowy wurde 1989 von Hanns-Dieter Hüsch entdeckt und erhielt zahlreiche Kabarettpreise.
 
   

 

 

Weitere Informationen zu diesem Beitrag

Lesezeit für diesen Artikel: 18 Minuten



Herausgeber des Beitrags:

Kritiken

TRAUM UND REALITÄT -- "Der Tod in Venedig" von Benjamin Britten in der Staatsoper Stuttgart

Eine abstrakte Vision von Venedig bietet Regisseur Demis Volpi bei seiner Version der Oper "Der Tod in Venedig" nach Thomas Mann in der Staatsoper Stuttgart. Traum und Realität vermischen sich stark.…

Von: ALEXANDER WALTHER

Beeindruckende Geschichtsstunde -- "Heinrich Heines Le Grand" vom Theater der Klänge in Düsseldorf

In seinem 1826 entstanden, 1827 im zweiten Teil der "Reisebilder" erschienenen Werk "Ideen. Das Buch le Grand" versetzt Heinrich Heine sich neben vielfältigen Reflexionen u.a. in seine Kindheit in…

Von: Dagmar Kurtz

FILIGRANER ZAUBER -- Neue CD: Antonio Vivaldi - Fagottkonzerte Vol.2 bei Berlin Classics

Das ganzee Leben der Französin und Fagottistin Sophie Dervaux ist von Musik geprägt. Nun ist das zweite von sechs Alben mit Fagott-Konzerten von Antonio Vivaldi erschienen. Energie und geistige…

Von: ALEXANDER WALTHER

UNBEKANNTE RARITÄTEN AUS ÖSTERREICH -- Kammermusik im Schloss Bietigheim-Bissingen

"Blühende Romantik" stand diesmal im Zentrum des Kammermusik-Konzerts im Schloss mit Lehrkräften der Musikschule. Zunächst musizierten Bojan Murov (Violine), Athanasios Bellos (Violoncello) und Jenia…

Von: ALEXANDER WALTHER

LEIDENSCHAFT DES AUSDRUCKS -- Internationale Hugo-Wolf-Akademie: Hommage à Mörike in der Staatsgalerie Stuttgart

Hugo Wolf schrieb wunderbare Mörike-Vertonungen. Doch auch andere Komponisten würdigten diesen schwäbischen Dichter, der ihnen Geheimnisse offenbarte. Carolina Ullrich (Sopran) interpretierte zusammen…

Von: ALEXANDER WALTHER

Alle Kritiken anzeigen

folgen Sie uns auf

Theaterkompass

Der Theaterkompass ist eine Plattform für aktuelle Neuigkeiten aus den Schauspiel-, Opern- & Tanztheaterwelten in Deutschland, Österreich und Schweiz.

Seit 2000 sorgen wir regelmäßig für News, Kritiken und theaterrelevante Beiträge.

Hintergrundbild der Seite
Top ↑