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BEWEGENDES KLANGBILD -- Bruckners Messe Nr. 3 in f-Moll mit dem SWR Symphonieorchester unter Pablo Heras-Casado im Beethovensaal der Liederhalle STUTTGARTBEWEGENDES KLANGBILD -- Bruckners Messe Nr. 3 in f-Moll mit dem SWR...BEWEGENDES KLANGBILD --...

BEWEGENDES KLANGBILD -- Bruckners Messe Nr. 3 in f-Moll mit dem SWR Symphonieorchester unter Pablo Heras-Casado im Beethovensaal der Liederhalle STUTTGART

am 21. März 2025

Wesentlich reicher und größer als die e-Moll-Messe ist Anton Bruckners zwischen 1867 und 1868 entstandene Messe Nr. 3 in f-Moll, die ein vollbesetztes Orchester mit Posaunen fordert und dem Chor ein Solistenquartett gegenüberstellt. Das geheimnisvoll niedersinkende Thema des "Kyrie" wurde hier vom glänzend disponierten SWR Symphonieorchester unter der einfühlsamen Leitung von Pablo Heras-Casado eindringlich herausgearbeitet. Die Wärme der Streicher gelang dabei ergreifend, ein versöhnlicher Zug stellte sich ein, der dann im "Christe eleison" von Solobass und -sopran glutvoll geführt wurde. Erika Baikoff (Sopran) und Matthew Rose (Bass) ergänzten sich hier in bemerkenswerter Weise.

 

SWR Vokalensemble (Einstudierung: Benjamin Goodson) und WDR Rundfunkchor (Einstudierung: Paul Krämer) boten eine ausgezeichnete Leistung, die in der immer stärkeren und beschwörenderen "Kyrie"-Wiederholung deutlich hervortrat. Mit wahrhaft überschwänglichem Jubel setzte das "Gloria" ein, dämpfte sich dann jedoch an den gleichen Textstellen wie in der e-Moll-Messe. Zart umspielte das SWR Symphonieorchester unter Heras-Casado das innig musizierte "Gratias agimus" - und sehr ergreifend wurde das "Qui tollis" beschworen. Ein flehendes "miserere" erklang ganz unsentimental. Eine großartig gespielte Fuge bildete den grandiosen Schlussteil zu den Worten "in gloria Dei patris amen", deren Thema auch am Schluss des "Agnus Dei" majestätisch wiederkehrte. Das weiträumig interpretierte "Credo" wurde von einem einstimmigen Thema bestimmt, es richtete sich bei dieser Wiedergabe in gewaltiger Größe auf. Der Mittelabschnitt ("Et incarnatus est") betörte mit anrührenden Tönen. Unheimliche Synkopenfiguren der Geigen zeigten sich beim "Crucifixus". Mystisch entrückt sang Sebastian Kohlhepp als Solotenor in Begleitung der Solovioline meditative Kantilenen. Sanft pulsierende Holzbläser-Harmonien beschworen das göttliche Geheimnis.

Nach der Huldigung an Maria folgte die erschütternd interpretierte Klage um Leiden und Tod des Erlösers. Der große Ausbruch des "Et resurrexit" und die weiteren Höhepunkte bei "ascendit" und "judicare" fesselten den Zuhörer sehr stark. Die melodische Schönheit wurde bei dieser Interpretation auch von der versierten Altistin Wiebke Lehmkuhl voll ausgekostet. Mit den Worten "et in spiritum sanctum" kehrte das "Credo"-Thema majestätisch wieder, das auch  das Rückgrat der gewaltigen Schlussfuge "et in spiritum sanctum" bildete. Andachtsvoll  verhalten erklang wieder das "Sanctus", ehe es sich zur jubelnden Verkündigung des "Pleni sunt coeli" erhob. Verklärt und nicht sentimental wirkte das zart gespielte "Benedictus", das dynamisch reizvoll anschwoll und glaubensfroh mit der "Osanna"-Episode des "Sanctus" ausklang. Aus demütiger Andacht steigerte sich das "Agnus Dei" zu starkem Flehen - griff bei "dona nobis pacem" das Thema des "Kyrie" und der "Gloria"-Fuge in ergreifender Weise auf. Da hatte diese reife Wiedergabe ihren wunderbaren Höhepunkt erreicht.

Anklänge an Palestrina wirkten dabei nicht aufgesetzt. Die  anspruchsvollen Oktavsprünge meisterten die Chöre hervorragend. Unisono-Effekte im "Credo" gemahnten an Bruckners "Te Deum".  In der anschließenden Nach(t)musik erklang traumverloren der zweite Adagio-Satz aus dem Klarinettenqintett  in h-Moll op. 115 von Johannes Brahms, bei der die von Dirk Altmann einfühlsam gespielte Klarinette führte. Zarte Kantabilität und virtuose Beweglichkeiten zeichneten auch die anderen Musiker Stefan Bornscheuer und Andreea Janka (Violine), Paul Pesthy (Viola) und Ulrike Hofmann (Violoncello) aus.

Begeisterter Schlussapplaus.
 

 

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