Anschließend interpretierte die Klarinettistin Sharon Kam zusammen mit dem Staatsorchester Stuttgart unter David Afkham ganz hervorragend das Konzert für Klarinette in A und Orchester von Paul Hindemith aus dem Jahre 1947. Die vier Sätze verbreiten weitgehend gute Laune und haben eine klare Struktur, was bei dieser Wiedergabe deutlich hervorstach. Der erste "ziemlich schnelle" Satz zeigte deutlich seinen sonatenartigen Charakter und wurde vorwiegend aus den beiden Themen entwickelt, deren erstes das Orchester als Kopfmotiv vorstellte. Das zweite Thema wurde dann erfrischend von der Solistin aufgegriffen. Nach der freien Reprise leiteten weiche, ruhige Hornklänge die fast träumerisch ausklingende Coda ein. Der folgende schnelle "Ostinato"-Satz riss die Zuhörer ebenfalls mit. Eine markante, kurze Bassfigur mit ständiger Wiederkehr außer im Mittelteil setzte sich forsch durch. Anklänge an Rossini-Melodien hellten die Stimmung weiter auf. Den ruhigen dritten Satz hielt die Solistin mit den weiten Bogen seines Gesangsthemas in schönem Fluss. Klangzauber und zarte Arabesken folgten. Und das "heitere" Finale beschwor Rondogeister mit lärmender Fröhlichkeit, zarte Passagen eingeschlossen. Hindemith schrieb übrigens auch eine Wagner-Parodie auf den "Fliegenden Holländer". Als Zugabe spielte Sharon Kam noch eine berührende Hommage an Manuel de Falla von Bela Kovacs.
Zum Abschluss überzeugte dann die robuste, aber nie lärmende Wiedergabe der Sinfonie Nr. 4 in Es-Dur "Romantische" von Anton Bruckner. Der Charakter der "Natursinfonie" schimmerte bei dieser fesselnden Wiedergabe immer durch. Schon der geheimnisvoll gestaltete Anfang atmete reine Waldesstimmung. Wie aus grünem Schweigen tauchte sein Hornthema mit dem Quint-Intervall empor. Zart schwebte es weiter in ruhiger Fortspinnung. Insbesondere das ruhig schwebende Tremolo der Streicher blieb im Gedächtnis. Ein gehaltener Hornton leitete zur zweiten Themengruppe über, in der zum schwärmerischen Gesangsmotiv der Bratschen zuerst in den Geigen ein Vogelruf erklang. Es mündete in eine neue Steigerung mit dem Kopfmotiv des Themas. Ein machtvoller Choral der Blechbläser sorgte für die harmonische Krönung. Und die Reprise brachte den grandiosen Coda-Triumph des Hornrufs. Der zweite Satz erinnerte in seiner Schlichtheit an Schubert. Unter stockender Streicherbegleitung stimmten die Celli den dunklen Trostgesang an, der vom Quint-Intervall befruchtet wurde. Vogellgaute mischten sich reizvoll in die Intervalle ein. Und der Trostgesang steigerte sich dynamisch zu akustisch gewaltigem Jubel. Im sehr bewegt musizierten Scherzo tönten Jagdhörer hell durch die dämmerige Waldesstille. Es fehlte hier nicht an gefühlvoll-besinnlichen Tönen einer Bratschenmelodie mit der Antwort des Horns und von Streichern und Holzbläsern. Das Trio wiegte sich in schöner Harmonierückung. Unheimlich bergann das Finale mit fernen Hornrufen. Das gewaltige Hauptthema wurde geradezu herausgeschleudert. Intervalle und Fünfer-Rhythmus schufen Beziehungen zum ersten Satz. In gebieterischer Größe meldete sich dann der Hornruf wieder, ein weit ausholendes Posaunenthema reckte sich gewaltsam empor. Die Stimmung wurde bei dieser Wiedergabe immer unheimlicher, denn David Afkham gelang es packend, alle Kräfte zu bündeln. Die neuen Themenprägungen wuchsen immer stärker und monumentaler an, um dann zuletzt in einer triumphalen Coda zu enden. Wucht und Feuer entfalteten sich ohne Tempoverzögerungen.
Jubel und "Bravo"-Rufe.